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Aufstand in Ungarn

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Nerven g<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> Mann führte die e<strong>in</strong>zelnen Gründe der allgeme<strong>in</strong>enUnzufriedenheit auf: »Die Folterungen, die Tatsache, daß man verhaftetund für Jahre <strong>in</strong>s Gefängnis gesteckt werden konnte, ohne jemals etwasgetan zu haben. Daß man sagen mußte, woran man selbst nicht glaubte.Nur e<strong>in</strong> Glas Bier zu bekommen, war schon e<strong>in</strong> Ärgernis: Man mußteSchlange stehen, und wenn man drankam, war das Glas entwederschmutzig oder nicht voll, aber sagen durfte man nichts. Überall mußteman Schlange stehen. Die Busse waren überfüllt. Aufzüge funktioniertennicht, und man konnte nicht e<strong>in</strong>mal Sch<strong>in</strong>ken kaufen, selbst wenn man essich hätte leisten können.«ËBesonders unter den Gebildeten war die Ablehnung unüberw<strong>in</strong>dlichund tief verwurzelt.Nehmen wir das Beispiel e<strong>in</strong>er nervösen, zierlichen jungen Ärzt<strong>in</strong>, dieam 15. März 1957 von dem Soziologen Dr. Richard M. Stephenson vonder Rutgers University <strong>in</strong>terviewt wurde. Sie ist achtundzwanzig Jahre alt,unordentlich gekleidet und verkrampft – e<strong>in</strong>e etwas schwermütige Frau,über ihre ungewisse Zukunft besorgt. Sie arbeitete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em jüdischenKrankenhaus, <strong>in</strong> dem mehr als die übliche Quote kommunistischer Ärztebeschäftigt war. Da auch das Forschungs<strong>in</strong>stitut, <strong>in</strong> dem ihr Mann tätigwar, von Parteimitgliedern wimmelte, wurden sie beide als Außenseiterbehandelt.ÈIhr Mann ist e<strong>in</strong> sehr fähiger Arzt, der e<strong>in</strong>e Ausbildung als Diagnostikerfür angeborene Herzanomalien h<strong>in</strong>ter sich hat – aber er istSudetendeutscher, und sie kann Deutsche nicht ausstehen. (»Sie haben <strong>in</strong>Europa alle Kriege angezettelt, sie blicken auf andere Nationen herab, sies<strong>in</strong>d unfreundlich und s<strong>in</strong>d immer so gewesen«, ist ihre Me<strong>in</strong>ung.)Innerhalb ihrer Familie gab es e<strong>in</strong> ungewöhnliches Problem. »Me<strong>in</strong>Bruder«, sagt sie, »ist e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d aus der ersten Ehe me<strong>in</strong>er Mutter undhalbjüdisch. Während des Naziregimes <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> wurde er ständigverfolgt. Deshalb sympathisierte er mit den Kommunisten. Er war derMe<strong>in</strong>ung, daß bei den Kommunisten konfessionelle Unterschiede ke<strong>in</strong>eRolle spielten. Me<strong>in</strong>e Familie bedauerte diese Auffassung sehr und wardarüber etwas verbittert.«117

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