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Aufstand in Ungarn

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Führer mehr, dessen Wort »Gesetz« war. In den Zeitungsredaktionenpflegte der »Leseredakteur« alles zu elim<strong>in</strong>ieren, was auch nur imentferntesten nicht ganz »koscher« war.E<strong>in</strong> Journalist berichtete: »Wenn etwas strittig schien, konnte manse<strong>in</strong>en Artikel ebensogut gleich durchstreichen. Die Parteizentrale würdees gar nicht erst lesen. Selbst Manuskripte von Kab<strong>in</strong>ettsmitgliedernwurden auf Eis gelegt, damit e<strong>in</strong>em niemand später den Vorwurf machenkonnte, sie durchgelassen zu haben.«ÈDie Folge war, daß die Presse jegliche Glaubwürdigkeit verlor. E<strong>in</strong>promovierter Literaturhistoriker aus Szeged, dessen Vater als Jude imKriege umgekommen war, schrieb über das Jahr 1953: »Der Lebensstandardsank, und dennoch beteuerten Zeitungen und Rundfunk ständig,es sei uns noch nie so gut gegangen. Warum? Weshalb diese Lügen? jederwußte, daß der Staat das Geld für die Rüstung ausgab. Warum konnte derStaat nicht zugeben, daß es uns wegen der Rüstungsanstrengungen und derNotwendigkeit, neue Fabriken zu bauen, schlechter g<strong>in</strong>g? . . . Zuerstdachte ich, es müsse dafür irgendwelche geheimen Gründe geben. Immerwieder suchte ich <strong>in</strong> mir selbst und <strong>in</strong> der Außenwelt nach e<strong>in</strong>er Antwort –vergebens! Schließlich gelangte ich zu der Erkenntnis, daß das ganzeSystem dumm und falsch war.«ÍAll das h<strong>in</strong>derte dieselben, mit Scheuklappen versehenen Journalistenund Schriftsteller nicht daran, sich später gegenseitig als Helden des<strong>Aufstand</strong>es zu feiern. Und sie tun es auch heute noch (im Exil). Diemeisten waren l<strong>in</strong>ientreue Kommunisten, die sich häufig im Haus desSchriftstellerverbandes <strong>in</strong> der Gorkij fasor aufhielten. In dieser Villa ausdem späten 19. Jahrhundert, mit ihrem romantischen Innenhof, befandensich die Redaktionsräume ihres wöchentlich ersche<strong>in</strong>enden LiteraturblattsIrodalmi Ujság. E<strong>in</strong>ige Leute glaubten, der Verband sei »unpolitisch«; <strong>in</strong>Wirklichkeit war er lediglich total verkümmert, im Absterben begriffen.In der Unzufriedenheit dieser jüdischen Intellektuellen, die sichregelmäßig <strong>in</strong> den Räumen ihres Verbandsvorsitzenden im Erdgeschoßtrafen, sahen Psychoanalytiker e<strong>in</strong>deutig Zeichen von Verbitterung überderen Rolle als »outsider«. Sie fühlten sich um den Lohn der Macht und151

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