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Aufstand in Ungarn

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Tief verzweifelt verbrachte Maria im September 1953 alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>enfreudlosen Urlaub im Mátragebirge, wo sie und Pál ihre Flitterwochenverbracht hatten. Dort erhielt sie e<strong>in</strong>en Brief von se<strong>in</strong>em Anwalt: Da sieihre K<strong>in</strong>der nicht im volksdemokratischen S<strong>in</strong>ne erziehe, werde ihr Manndie Scheidung e<strong>in</strong>reichen. Doch schon am nächsten Tag rief Maléter siean, besuchte sie, und se<strong>in</strong>e blaugrauen Augen funkelten vor Zorn, als ergleich nach se<strong>in</strong>er Ankunft den Brief zerriß.Sie beschlossen, es noch e<strong>in</strong>mal mite<strong>in</strong>ander zu, versuchen, undfanden e<strong>in</strong>e neue Wohnung, die Pál mit Farbe aus Armeebeständen frischstreichen ließ. Aber bereits im November 1953 verlangte die Partei,Marias Mutter müsse ausziehen, sonst könne er nicht weiter mit ihrzusammenleben. Das politische Führungszeugnis der Mutter sei untragbar,auch sei sie dafür verantwortlich, daß Maria nicht der Partei beitrete.Maria weigerte sich, ihre zweiundsiebzigjährige Mutter auf die Straße zusetzen. Und das war das Ende der zerrütteten Ehe.Nach der Scheidung verhielt sich der Oberst so gefühlskalt, daß ese<strong>in</strong>e Schande war. Er entführte den siebenjährigen Sohn Pál aus derWohnung, während Maria arbeitete, und steckte ihn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>Durchgangslager für entlaufene und verwaiste K<strong>in</strong>der, wo ihn Maria,außer sich vor Verzweiflung, erst fand, nachdem sie ganz Budapest aufden Kopf gestellt hatte. Sie erhob sofort E<strong>in</strong>spruch beimVormundschaftsgericht. Ihr Mann erschien bei der Verhandlungpersönlich, aber sie erkannte ihn fast nicht wieder. Mit haßerfüllterStimme verteidigte er se<strong>in</strong>e Tat: »Ich habe me<strong>in</strong>en Sohn <strong>in</strong> das Lagergebracht«, sagte er schroff, »um ihn dem bourgeoisen E<strong>in</strong>fluß se<strong>in</strong>erMutter zu entziehen.«Am nächsten Tag rief er sie an und sprach zu ihr so sanft und zärtlich,wie zur Zeit ihrer ersten Liebe. Vielleicht schauspielerte er vor Gerichtnur, um damit die Beurteilung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Parteiakte zu verbessern.Das war ihre letzte Begegnung. Er heiratete zum zweitenmal: Judith –e<strong>in</strong> Mädchen, das der Partei genehm war. Sie lebt heute <strong>in</strong> Budapest. Ichkonnte nicht mit ihr sprechen, weil sie zu große Angst hatte.85

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