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Aufstand in Ungarn

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Anführer, e<strong>in</strong> ärmlich gekleideter schielender Mann <strong>in</strong> mittleren Jahren,spr<strong>in</strong>gt auf: »Wir werden dort draußen nicht weggehen, bevor derRundfunk <strong>in</strong> Händen des Volkes ist«, ruft er.Erdös weist darauf h<strong>in</strong>, daß das Gebäude voller ÁVH-Leute ist, dienicht zögern würden, zu schießen.F<strong>in</strong>ster entgegnet der Mann: »Sie s<strong>in</strong>d <strong>Ungarn</strong>, wie wir, sie werdennicht schießen.«»Ich kenne die besser als Sie«, erwidert Erdös. »Sie werden schießen.«Während die Unterhaltung andauert, fliegen die ersten Ste<strong>in</strong>e undZiegelbrocken gegen das Gebäude. Es hat sich das Gerücht verbreitet, dieDelegation werde zwangsweise festgehalten. Und als sie versuchen, dasGebäude zu verlassen, werden auch sie mit Ste<strong>in</strong>en überschüttet.Verständlicherweise zögern die Wachen, die Tore zu öffnen. Außer demschielenden Mann gel<strong>in</strong>gt es den meisten Delegationsmitgliedern nicht,das Funkhaus zu verlassen. E<strong>in</strong> ÁVH-Offizier me<strong>in</strong>t zu Erdös: »Solltenwir sie nicht h<strong>in</strong>ausgeleiten? Sonst behauptet man noch, wir hielten siegegen ihren Willen fest.«Es ist bezeichnend, daß die vielen tausend Menschen, die sich <strong>in</strong> derBródy utca drängen, vor allem junge Leute und Studenten s<strong>in</strong>d –Altersklassen, die nie e<strong>in</strong>e Schlacht oder Blutvergießen erlebt haben. DieLeute mittleren Alters halten sich weiterh<strong>in</strong> deutlich zurück.Typisch für die letzteren ist e<strong>in</strong> Gynäkologe am Städtischen Krankenhaus.ËÍEr hat e<strong>in</strong>en anstrengenden Tag h<strong>in</strong>ter sich. E<strong>in</strong>e fünfundvierzigjährigeFrau mußte wegen Verdacht auf Brustkrebs durchleuchtet werden;sie spielte die Schüchterne <strong>in</strong> der hellen Kl<strong>in</strong>ikbeleuchtung und scherzte:»Herr Doktor, können wir das nicht im Dunkeln tun?« Automatisch gibt erihr se<strong>in</strong>e übliche Antwort: »Wir könnten, aber wir würden es dann nichtröntgen nennen, Genoss<strong>in</strong>!«Dieser Arzt ist kultiviert, vielseitig, klardenkend. Aber er war wegene<strong>in</strong>er schwierigen Geburt die ganze Nacht nicht zum Schlafen gekommen.E<strong>in</strong>e Student<strong>in</strong> hatte ihm soeben von dieser Demonstration berichtet, under will deshalb nur e<strong>in</strong>mal schnell vorbeischauen. Dann eilt er heim, um297

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