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Aufstand in Ungarn

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Er war nicht lange alle<strong>in</strong>. Plötzlich trat e<strong>in</strong> junger rotbackiger Mann<strong>in</strong>s Zimmer, es war e<strong>in</strong> Journalist aus Tildys Pressebüro. Bibó fragte ihn:»Warum s<strong>in</strong>d Sie nicht, wie die anderen, nach Hause gegangen?« – »Ichbleibe hier«, erwiderte der junge Mann. »Sie s<strong>in</strong>d genau der Mann, denich brauche«, sagte Bibó halb scherzhaft. »Betrachten Sie sich als me<strong>in</strong>Pressechef.« Kurz danach hörte er ihn im Nebenzimmer am Telephon:»Hier spricht der Pressechef von M<strong>in</strong>ister Bibó. Der Staatsm<strong>in</strong>ister derRegierung Nagy lädt alle Auslandskorrespondenten zu e<strong>in</strong>er Pressekonferenze<strong>in</strong>!«Bibós Herzschlag setzte für e<strong>in</strong>e Sekunde aus. Er hatte noch niemals <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em Leben e<strong>in</strong>e Pressekonferenz abgehalten. Rasch entwarf er e<strong>in</strong>enText für die Konferenz. Gegen 9 Uhr diktierte er dem Sekretär deramerikanischen Botschaft telephonisch e<strong>in</strong>e Erklärung: »Als die Russenheute früh ihren Angriff eröffneten, begab sich M<strong>in</strong>isterpräsident ImreNagy zur sowjetischen Botschaft, konnte aber nicht mehr zurückkehren.Lediglich die Staatsm<strong>in</strong>ister Zoltán Tildy, István B. Szabó und István Bibónahmen an e<strong>in</strong>er außerordentlichen Kab<strong>in</strong>ettssitzung teil, die zurErörterung der neuen Situation e<strong>in</strong>berufen worden war. Als die Russen dasParlament umz<strong>in</strong>gelten, erklärte Tildy, um weiteres Blutvergießen zuvermeiden, er sei damit e<strong>in</strong>verstanden, daß die Sowjets das Gebäudebesetzten, allerd<strong>in</strong>gs nur unter der Bed<strong>in</strong>gung, daß allen Zivilpersonenfreier Abzug gewährt werde. In Übere<strong>in</strong>stimmung mit dieser Erklärungverließ Tildy das Haus, obwohl er davon überzeugt war, se<strong>in</strong>em Todentgegenzugehen.«Nur er, Bibó, sei als Vertreter der legalen ungarischen Regierung imHause zurückgeblieben. »Ich verwahre mich gegen die verleumderischeBehauptung, daß die glorreiche ungarische Revolution durch faschistischeoder antisemitische Ausschreitungen besudelt worden sei. Die gesamteungarische Nation hat sich an der Revolution beteiligt, ohne Klassen- oderReligionsunterschiede . . . Ich fordere das ungarische Volk auf, weder dieBesatzungsarmee noch die von ihr e<strong>in</strong>gesetzte Marionettenregierung alslegal anzusehen und alle Mittel des passiven Widerstandes gegen sieanzuwenden.«698

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