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Aufstand in Ungarn

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schrecklichen Erlebnissen <strong>in</strong> Valéria Benkes Büro hierhergekommenwaren, zusammen mit Péter Kende, Tibor Tardos und anderenJournalistenkollegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Runde an e<strong>in</strong>em großen Tisch mit weißemTischtuch und blitzenden Bestecken.Á Vor der Tür wütete die Revolution,aber hier dr<strong>in</strong>nen liefen die Kellner zwischen den Tischen h<strong>in</strong> und her undservierten, als sei nichts geschehen. Losonczy hatte e<strong>in</strong>en großen,gegrillten Fisch bestellt. Ab und zu schauten Leute here<strong>in</strong> und riefenirgend etwas. »Am Funkhaus wird geschossen – es werden Menschengetötet! Auf das Zeitungsgebäude Freies Volk wird geschossen!«Kosáry w<strong>in</strong>kte e<strong>in</strong>em Kellner und bestellte e<strong>in</strong> Steak. Nach e<strong>in</strong>erWeile wandte sich Losonczy zu ihm und packte ihn am Arm: »Hast dudiese Fahnen gesehen«, fragte er, »die Fahnen mit den ausgeschnittenenLöchern?«Kaum hörbar flüsterte Kosáry: »Ja.«Losonczy blickte schwermütig vor sich h<strong>in</strong>. »Weißt du«, sagte er, »estut mir weh. Schließlich ist das unsere Fahne. Es tut mir weh, daß dasEmblem herausgeschnitten ist.«Der Rundfunk hatte soeben das Programm mit e<strong>in</strong>er neuen Bekanntmachungunterbrochen: Das Politbüro war zu e<strong>in</strong>er sofortigen Sitzung desZentralkomitees <strong>in</strong> der Akadémia utca e<strong>in</strong>berufen worden.Aber die wirkliche Macht lag bereits <strong>in</strong> Händen der Straße. Auf demNagy körút herrschte völlige Anarchie. Man hatte Straßenbahnen umgekipptund rief <strong>in</strong> Sprechchören antisowjetische Parolen. Mit solchenMenschenmassen war nicht zu spaßen. Beim Nationaltheater war e<strong>in</strong>Polizeiauto von der Menge e<strong>in</strong>geschlossen. Se<strong>in</strong>e Insassen, Angehörigeder blauuniformierten, regulären Polizei, schauten teilnahmslos zu. Es wardeutlich zu erkennen, wo ihre Sympathie lag.Die Menschen vor dem Verlagsgebäude des Parteiorgans Freies Volkwaren ebenfalls <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unberechenbaren Stimmung. Im Lauf des Tageswaren auch hier Studentendelegationen vorstellig geworden, aber dieRedaktionsleitung hatte sie abgewiesen.Ë Als sich der Abend h<strong>in</strong>schleppte,stießen Fabrikarbeiter zur Menge und riefen <strong>in</strong> Sprechchören zu den323

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