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Aufstand in Ungarn

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schließlich den Alkohol. Im ganzen Land schossen die Kneipen wie Pilzeaus der Erde: im Volksmund wurden sie »Vaterzunft«-Läden genannt.ËÏUnd das Regime ermutigte zum Tr<strong>in</strong>ken. Alkohol war e<strong>in</strong> nützliches»Betäubungsmittel« und brachte dem staatlichen Branntwe<strong>in</strong>monopole<strong>in</strong>en Profit von fünfzig Prozent.Die sexuelle Moral lockerte sich. Während der ersten fünf Jahre deskommunistischen Regimes hatten noch puritanische Sitten geherrscht,aber das änderte sich bald. Anfangs wurde Abtreibung mit lebenslänglichemKerker bestraft. Paare, die sich öffentlich küßten, wurdenverhaftet. In Hotels wurden Razzien durchgeführt, um unverheiratetePaare aufzustöbern. E<strong>in</strong>e dreiundzwanzigjährige Fabrikarbeiter<strong>in</strong> stelltezornig fest: »Sie predigten Wasser – aber tranken We<strong>in</strong>.«ËÌDie meisten der prom<strong>in</strong>enten Funktionäre hielten sich Mätressen, undallmählich wandelten sich die Sitten bis zur offenen Unmoral.ËÓ E<strong>in</strong>Arbeiter der Auto<strong>in</strong>dustrie sagte: »Etwa achtzig bis neunzig Prozent allerFrauen <strong>in</strong> der Fabrik waren zu haben.« Die Geburtenrate g<strong>in</strong>g zurück undmußte durch ungewöhnliche Mittel gefördert werden.ËÔ K<strong>in</strong>derloseEhepaare wurden mit Sondersteuern belegt und Mädchen ermutigt,vorübergehende sexuelle Beziehungen aufzunehmen. In den Kl<strong>in</strong>ikenüberall im Lande h<strong>in</strong>gen Plakate mit dem deutlichen H<strong>in</strong>weis: »Gebärenist der Ruhm des Mädchens und die Pflicht der Frau.«ÈÊ Bis etwa 1953erhielten unverheiratete Frauen 2000 For<strong>in</strong>t für jedes unehelich geboreneK<strong>in</strong>d. Frühe Scheidungen waren häufig und e<strong>in</strong>fach: Ehen konntene<strong>in</strong>seitig aufgelöst werden, zum Beispiel aufgrund »unüberw<strong>in</strong>dlicherideologischer Differenzen«.Gleichzeitig griff die Prostitution um sich. E<strong>in</strong>e erschütternde Anzahljunger ungarischer Männer, die vertraulich von amerikanischen Soziologenbefragt wurden, gaben zu, ihr erstes Erlebnis mit e<strong>in</strong>er Prostituiertengehabt zu haben.ÈÁ »E<strong>in</strong>es Abends«, berichtete e<strong>in</strong> vierundfünfzigjährigerKrankenhausangestellter, »saß ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Espresso am St.-Stephan-Boulevard. E<strong>in</strong> hübsches Mädchen setzte sich neben mich und sagte mirschon nach kurzer Zeit, daß sie mich für fünfzig For<strong>in</strong>t mit auf ihr Zimmer128

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