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Aufstand in Ungarn

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Kende. Shakespeares Richard III. war wegen vermuteter antikommunistischerTendenzen jahrelang verboten, und als das Stück endlich dochaufgeführt wurde, standen sämtliche Zuschauer von ihren Plätzen auf undapplaudierten, als die Worte gesprochen wurden: »’s ist e<strong>in</strong> Skandal, daßder Prozeß von Hast<strong>in</strong>gs ungesühnt bleibt.« Der Beifall galt alsMe<strong>in</strong>ungsäußerung zu dem schimpflichen Rajk-Prozeß. Hamlet wurdegestrichen, weil der Held e<strong>in</strong> »feudaler Reaktionär« sei, und Shaws DerTeufelsschüler kam unters Hackbeil, weil dies Theaterstück vom »Freiheitskampf«der Amerikaner handelt, den es für marxistische Historikernie gegeben hat.ËÌAls Gipfel der Dummheit empfanden es die Schriftsteller, daß sogardie Aufführung e<strong>in</strong>es klassischen ungarischen Dramas wie Imre MadáchsDie Tragödie des Menschen und selbst Béla Bartóks Ballett Der wunderbareMandar<strong>in</strong> verboten wurden. Arthur Miller gewann die Sympathie derPartei, aber erst, nachdem er mit dem Senatsausschuß für unamerikanischeAktivitäten <strong>in</strong> Konflikt geraten war. Der stellvertretende Kulturm<strong>in</strong>isterGyörgy Nön, e<strong>in</strong> Verwandter von Rákosi, ermahnte im Frühjahr 1956allen Ernstes die Studenten der Musikakademie mit den Worten: »LassenSie sich <strong>in</strong>spirieren durch das Beispiel des großen italienischenKomponisten Michelangelo!«Im September 1955 ordnete Nón die Beschlagnahme der letztenAusgabe der Literaturzeitung an. Da Erzsébet Andics sich weigerte, e<strong>in</strong>eProtestdelegation zu empfangen, drohte das neunköpfige Präsidium desSchriftstellerverbandes geschlossen mit se<strong>in</strong>em Rücktritt. »Unser Rücktritt«,warnten sie, »wird e<strong>in</strong> nationales Echo hervorrufen. So wird jedermannvon unserem Widerstand erfahren.«E<strong>in</strong>en Monat später bat Rákosi die Schriftsteller zu sich. Dieses Mallehnten sieab – e<strong>in</strong> weiterer, bisher noch nicht dagewesener Affront.Die Folge war, daß die literarische Gruppe um Nagy im Novembere<strong>in</strong>en scharfen offenen Brief an das Regime verfaßte.ËÓ Moralischgesehen, waren sie selbst ke<strong>in</strong>eswegs Unschuldslämmer: Tamás Aczél,verheiratet und Vater e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Tochter, hatte e<strong>in</strong>e Geliebte; auch C<strong>in</strong>i198

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