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Aufstand in Ungarn

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»Imre Nagy, zeige dich«, tönt es aus der Menge. Der betäubende Lärmläßt die Fenster rund um den Platz erzittern. Aber selbst wenn Nagy jetzt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Purpurmantel über den Platz fliegen und sich wie e<strong>in</strong>eFledermaus auf dem Hauptbalkon niederlassen würde, könnte er kaumetwas sagen oder tun, was den Rachedurst dieser Menschen gegenüberihren verachteten Unterdrückern stillen könnte; h<strong>in</strong>ter diesen Mauernliegen diese Unterdrücker auf der Lauer.Der Rote Stern, der 100 m hoch über dem Platz hängt, wird plötzlichgrell beleuchtet. Die Volksmenge brüllt e<strong>in</strong>mütig: »Nieder mit dem RorenStern!« Kurz danach geht das Licht wieder aus. E<strong>in</strong> weiterer kle<strong>in</strong>er Sieg.Nun beg<strong>in</strong>nt die Masse, neue Parolen zu rufen: »Die Regierung mußabdanken!« und »Wir wollen Imre Nagy hören!« E<strong>in</strong>e aufrüttelnde Redeihres Helden, und diese Menschen würden Nagy bis ans Ende der Weltfolgen.ÁÈE<strong>in</strong>e Stunde vergeht – vielleicht mehr. Péter Veres, Tibor Déry, GézaLosonczy, Miklós Vásárhelyi – sie alle gleichen verstreuten Molekülen <strong>in</strong>diesem Gärungsprozeß. Ernö Pongrácz, e<strong>in</strong> junger Arbeiter, der vonse<strong>in</strong>em Arbeitsplatz zum tér herbeigeeilt ist, fragt Péter Veres ungeduldig:»Warum geht ke<strong>in</strong>er h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und verlangt, daß etwas geschieht?«ÁÍVeres nickt gewichtig. »Gute Idee. Versuch es. Und wenn du jemandf<strong>in</strong>dest, mit dem wir reden können komm zurück und sag es uns!«Der junge Mann klopft an das Hauptportal, bis jemand öffnet. E<strong>in</strong>Bediensteter – István Kristóf, Sekretär des M<strong>in</strong>isterrats – fragt schroff,was er wolle. Der junge Mann erwidert, er möchte M<strong>in</strong>isterpräsidentHegedüs sprechen.»Er ist nicht da«, lautet die Antwort, »aber Ferenc Erdei ist vielleichtbereit, zwei von Ihnen zu empfangen.«Er dreht sich um, und Pongrácz und e<strong>in</strong> Student folgen ihm. Pongráczschlägt Erdei vor, die neue Flagge mit dem fehlenden kommunistischenEmblem draußen vor dem Gebäude aufzuziehen. Erdei ist e<strong>in</strong>verstanden.Er ist auch bereit, die Lichter im Inneren anzuknipsen, um der Menge zuzeigen, daß das Gebäude besetzt ist – wieder zwei kle<strong>in</strong>e Zeichen desEntgegenkommens.287

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