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Aufstand in Ungarn

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»Géza, tun sie der Gerechtigkeit genüge!«Man hört e<strong>in</strong> Poltern, als sei e<strong>in</strong> Schemel umgefallen. Er vernimmtSchritte außerhalb se<strong>in</strong>er Zelle, Türen werden auf- und zugeschlagen, unddas Schlurfen geht weiter.Plötzlich wird se<strong>in</strong>e eigene Zellentür aufgerissen. Beide Arme werdenihm auf dem Rücken gefesselt, und er wird mit,anderen im Gänsemarsch<strong>in</strong> den Gefängnishof geführt. Flutlicht liegt über der ganzen Szene.Wenige Schritte von der Ziegelmauer entfernt sieht Brankov wie betäubtgroße, <strong>in</strong> die Erde gerammte Holzpfosten, an deren Spitze Fleischerhakenbefestigt s<strong>in</strong>d. Diesmal gab es ke<strong>in</strong>e Drogen, er kann alles beobachten,was vorgeht, während man ihn zu e<strong>in</strong>em der Pfosten schleppt. In diesenwenigen Sekunden durchlebt er im Geiste se<strong>in</strong>e eigene H<strong>in</strong>richtung.Plötzlich kommt e<strong>in</strong> Offizier herausgerannt und schreit:»Halt! Nicht ihn! Br<strong>in</strong>gt ihn zurück <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Zelle!« Und sobleibt Lazarus Brankov am Leben. Und wenn der <strong>Aufstand</strong> losbricht undsich die armseligen Kreaturen gegen die Bonzen erheben, wird erdabeise<strong>in</strong>.E<strong>in</strong>ige Wochen später erhält Julia, Rajks junge Witwe, E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> dasamtliche Weißbuch über den Prozeß. Als sie ihres Mannes erste Antwortliest, huscht e<strong>in</strong> trauriges Lächeln über ihr schmales, hübsches Gesicht.László Rajk hat trotz allem über das System triumphiert. Trotz derMißhandlungen, der Drogen und der Generalproben hat er gleich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>enersten Worten der Nachwelt e<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>gerzeig h<strong>in</strong>terlassen.»Wann wurden Sie geboren?« hatte das Gericht gefragt.Und Rajk hatte geantwortet: »Am 8. März 1909.« Aber das stimmtenicht. Es war am 8. Mai. Wie konnte jemand e<strong>in</strong>en derartigen Irrtumbegehen, es sei denn, er wollte der Außenwelt e<strong>in</strong>e verborgene Botschafth<strong>in</strong>terlassen; alles war nicht so, wie es den Ansche<strong>in</strong> hatte.74

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