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Aufstand in Ungarn

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Gegen 10.30 Uhr hatten die meisten Auslandskorrespondenten vonBibós Pressekonferenz gehört. Se<strong>in</strong> unprogrammgemäßes Verhaltenmachte den Russen Kopfschmerzen. Der sowjetische BotschafterAndropow wies die Presse kurzerhand an, nicht an der Konferenzteilzunehmen. John MacCormac, der mutige Korrespondent der New YorkTimes, versuchte dennoch h<strong>in</strong>zugehen, aber die Russen ließen ihn nichtdurch. Die meisten se<strong>in</strong>er Kollegen hatten plötzlich dr<strong>in</strong>gend anderweitigzu tun. Der dpa-Korrespondent Géza von Pogány schrieb <strong>in</strong> se<strong>in</strong>Tagebuch: »Gegen 8 Uhr entschließen sich die meisten Journalisten, dasHotel Duna zu verlassen und Zuflucht <strong>in</strong> ihren Botschaften zu suchen.«Als Dr. Roland Nitsche vom Schweizer Tages-Anzeiger Rucksack undSchreibmasch<strong>in</strong>e <strong>in</strong>s Auto packt, wird er plötzlich von e<strong>in</strong>em DutzendMännern und Frauen umr<strong>in</strong>gt, und e<strong>in</strong> alter Mann tritt vor und sagt <strong>in</strong>gebrochenem Deutsch: »Fahren Sie mit Gott, aber sagen Sie alles, was Siegesehen haben. Helft uns, bitte!« Nitsche schämte sich so sehr, daß erdiesen Menschen nicht mehr <strong>in</strong> die Augen schauen konnte.József Dudás’ Zeitung hatte ihr Ersche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gestellt. Im Verlagsgebäuderäumten se<strong>in</strong>e Leute die Schreibtische und bereiteten sich auf denbevorstehenden Kampf vor. In dem Hause hielten sich noch immer über200 Menschen auf, darunter viele Frauen. Um Kleidung für die 300ehemaligen politischen Gefangenen zu beschaffen, wurde das Corv<strong>in</strong>-Kaufhaus ausgeräumt.ËÏ Zwei Gefangene wurden h<strong>in</strong>ter das Lagergebracht und erschossen. Gewehre wurden gere<strong>in</strong>igt und Benz<strong>in</strong>flaschengefüllt. Draußen vor dem Gebäude hatte man e<strong>in</strong>en Straßenbahnwagen alsBarrikade umgestürzt. Dudás selbst war nicht da – er war schon vorMorgengrauen h<strong>in</strong>ausgegangen, um zu kämpfen. Die Intellektuellenfanden ihn später schlafend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zimmer <strong>in</strong> der Universität, währenddas Blut aus e<strong>in</strong>er Brustwunde sickerte.ËÌEs schien e<strong>in</strong> schöner Morgen zu werden. Die Sonne g<strong>in</strong>g auf, siewirkte jedoch lilafarben durch die Staubwolken, die von den Panzern aufden aufgerissenen Straßen aufgewirbelt wurden. E<strong>in</strong> Fernschreiber700

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