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Aufstand in Ungarn

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nächtlichen Konferenzen berichtet er: »Die Parteiführung war gelähmt, alshätte sie der Schlag getroffen. Wenn jemand e<strong>in</strong>e Maßnahme vorschlug,wurde sie e<strong>in</strong>stimmig angenommen. E<strong>in</strong>e Stunde später setzte man sichwieder zusammen und beschloß e<strong>in</strong>e entgegengesetzte Maßnahme.«Der neue M<strong>in</strong>isterpräsident Imre Nagy macht es sich auf e<strong>in</strong>em Sofabequem. Schwerwiegende Entscheidungen s<strong>in</strong>d bereits <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Namengetroffen worden. In e<strong>in</strong>em benachbarten Raum, dem Büro von Gerö,haben sich Kádár, Gerö und Dobi auf dem Fußboden schlafen gelegt. Nurjüngere Leute wie Hegedüs bleiben wach und tätig. Die Situation er<strong>in</strong>nertdiejenigen, die e<strong>in</strong> gutes Gedächtnis haben, an glücklichere Zeiten: an dieersten aufregenden Nachkriegstage, als sie ebenfalls unbequem <strong>in</strong> demgroßen, unbeschädigten Gebäude am Republik tér, das sie als Sitz derParteizentrale übernommen hatten, die Nächte verbrachten. In deramerikanischen Gesandtschaft versucht man ebenfalls, noch etwas Schlafzu ergattern.Ï Es ist 3.15 Uhr morgens, als Gaza Katona und der stellvertretendeMilitärattaché Major Tom Gleason zu ihrem geme<strong>in</strong>samenWohnhaus am Stadtpark zurückfahren. Katona biegt noch e<strong>in</strong>mal ab undmacht e<strong>in</strong>en kurzen Umweg zur sowjetischen Botschaft <strong>in</strong> der Gorkijfasor. Die Straße ist e<strong>in</strong>sam und verlassen, nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Polizeipostensteht vor dem Gebäude. E<strong>in</strong> leichter Nebel fällt, als Katona um 3.30 Uhrse<strong>in</strong>e Haustür aufschließt. Se<strong>in</strong>e Familie schläft. Pflichtbewußt sucht erse<strong>in</strong> Ampex-Aufzeichnungsgerät hervor, stellt es auf den Balkon vorse<strong>in</strong>em Schlafzimmerfenster und richtet das Mikrophon zur Stadtmitte, umden von der Bródy utca heraufdr<strong>in</strong>genden Gefechtslärm aufzunehmen.Das Band zeichnet das weitentfernte Pfeifen e<strong>in</strong>er Eisenbahnlokomotiveauf.Doch dann registriert es, etwas anderes: e<strong>in</strong> metallisches, dumpfesGrollen, das über Pflasterste<strong>in</strong>e zu rollen sche<strong>in</strong>t; es nähert sich von denAußenbezirken der Stadt.Der amerikanische Diplomat blickt auf das Anzeigegerät. Die Nadelschlägt über die Skala h<strong>in</strong>aus. Er blickt zum Fenster h<strong>in</strong>aus, er versucht,das matte Licht der Gaslaternen zu durchdr<strong>in</strong>gen. Plötzlich beg<strong>in</strong>nt derBalkon zu vibrieren, der Lärm schwillt zu e<strong>in</strong>er fast unerträglichen Laut-344

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