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Aufstand in Ungarn

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E<strong>in</strong> Lehrer der Technischen Hochschule berichtet: »Mit ähnlich großerSorgfalt bemühte man sich, jegliche Äußerung . . . von verstecktem Antisemitismus<strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> zu verh<strong>in</strong>dern. Als wir spät am Nachmittag nachHause fuhren, hielten wir für e<strong>in</strong>ige M<strong>in</strong>uten am Móricz Zsigmond körtér,um uns die Zerstörungen anzuschauen . . . Wir sahen e<strong>in</strong>en Koffer vollerGeld, der mitten im Schaufenster e<strong>in</strong>es Ladens lag. Der Platz war übersätmit zerbrochenen Fensterscheiben, Mörtel und Mauerste<strong>in</strong>en.«ÈDiese unnatürliche Ehrlichkeit hielt während des ganzen <strong>Aufstand</strong>s an.Zyniker könnten sagen, so kann man ke<strong>in</strong>e Revolution machen, aberdie <strong>Ungarn</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> k<strong>in</strong>dliches, e<strong>in</strong>faches Volk. Vier Tage späterwiderlegte die amerikanische Gesandtschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vertraulichenMitteilung die These des Kreml, die Aufständischen seien Faschisten oderGangster, die es nur auf das Plündern abgesehen hätten: Mitglieder derGesandtschaft hatten selbst zertrümmerte Schaufenster gesehen, <strong>in</strong> denendie Auslagen unberührt waren und jemand mit Lippenstift auf die Resteder Glasscheibe gemalt hatte: »So plündern wir!«E<strong>in</strong>e kaum merkbare Änderung der Stimmung liegt <strong>in</strong> der Luft.Bischof Péterfalvy eilt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er griechisch-orthodoxen Soutane von e<strong>in</strong>erGruppe zur anderen und fragt, auf wen sie schießen, dann geht er mitunverhüllter Neugier weiter, um zu sehen, wo überall noch geschossenwird. Man sieht Menschen, die vor e<strong>in</strong>er Bäckerei nach Brot Schlangestehen. E<strong>in</strong> Lastwagen voll Lebensmittel fährt vorüber mit e<strong>in</strong>em Plakat:»Brot für die Bevölkerung von Budapest von den Bürgern vonKörmend!«Í Es folgen weitere Lastwagen, die Mehl, rote Bete und Rüben<strong>in</strong> die kämpfende Hauptstadt br<strong>in</strong>gen. Charakteristisch ist das Verhaltender Arbeiter der Staatsfarm von Soroksár: Jeden Morgen schicken sie 800Liter Milch <strong>in</strong> die Zentren des Widerstands, zum Schriftstellerverband,zum Polizeipräsidium, <strong>in</strong> die Corv<strong>in</strong>-Passage, die Kilián-Kaserne und zurTüzoltó utca.An diesem Tag geschieht folgendes: E<strong>in</strong> Angestellter des StaatlichenKrankenhauses <strong>in</strong> Angyalföld geht zum Südbahnhof, um e<strong>in</strong>igeSendungen abzuholen und spricht dabei den Bahnhofsbeamten unwillkürlichmit Genosse an.407

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