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Aufstand in Ungarn

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Stunden, nachdem Radio Moskau verbreitet hatte, daß jeglicherWiderstand erloschen sei. Dieses s<strong>in</strong>d Tatsachen, nicht Gerüchte.«Ô ImNachrichtendienst von UP handelten von zweiundneunzig Meldungen am6. November nur acht von <strong>Ungarn</strong>. (Der Rest berichtete über Suez undEisenhowers zu erwartenden grogen Wahlsieg.) Das R<strong>in</strong>gen von zehnMillionen Aufständischen, die mit bloßen Händen gegen 200 Millionenkämpften, hatte bereits se<strong>in</strong>e publizistische Zugkraft verloren.Die Aufständischen selbst wußten nichts davon. Sie sahen alles nuraus der Froschperspektive. In e<strong>in</strong>em verlassenen Wohnblock im Ferenckörút Nr. 18 hockte e<strong>in</strong> Offiziersanwärter namens Béla Kurucz mit e<strong>in</strong>erMasch<strong>in</strong>enpistole <strong>in</strong> der Faust. Die Bewohner waren unten im Keller –wie es ihnen g<strong>in</strong>g, wußten die Freiheitskämpfer nicht, oder sie kümmertensich nicht darum. Gefallene, die mit Wolldecken zugedeckt waren,markierten den Weg, den die Schlacht genommen hatte. Es war e<strong>in</strong>e kalteNacht, aber man hatte Kurucz dicke schwarze Reithosen und e<strong>in</strong>en Mantelgegeben, damit er se<strong>in</strong>e Uniform wechseln konnte.ÁÊ Es roch nachSchießpulver, aufgewirbeltem Mörtelstaub und brennenden Häusern. DieFensterbrüstung war e<strong>in</strong>gestürzt. Kurucz feuerte durch das Loch, woe<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Fenster gewesen war. Er war alle<strong>in</strong> im Zimmer, nur e<strong>in</strong> Telephonstand mitten <strong>in</strong> dem Durche<strong>in</strong>ander auf dem Fußboden. Er wähltee<strong>in</strong>e Nummer und stellte fest, daß es funktionierte. E<strong>in</strong>e Stimme bat ihn:»Komm nur, wir werden dich verstecken!« Aber er kam nicht, sondernschoß die ganze Nacht über auf vorbeifahrende Mannschaftstransportwagen.Am nächsten Morgen, dem 6. November, waren se<strong>in</strong>e Freundeerstaunt, ihn noch lebend vorzuf<strong>in</strong>den. Als er die Treppe h<strong>in</strong>unterg<strong>in</strong>g,wußte er nicht, ob die Treppe bebte oder ob se<strong>in</strong>e Be<strong>in</strong>e zitterten.Am anderen Ende des Bakáts tér stand e<strong>in</strong> Panzer, der auf irgendetwas feuerte. Kurucz g<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er Straßenecke <strong>in</strong> Deckung, wo e<strong>in</strong>eRotkreuzschwester darauf wartete, <strong>in</strong> ihr gegenüberliegendes Krankenhauszu gelangen. E<strong>in</strong>e Zeitlang schwenkten die Geschütze des Panzersziellos h<strong>in</strong> und her, als wollten sie zeigen, daß der Drache noch lebte. DieSchwester entschloß sich, e<strong>in</strong>en Sprung über die Straße zu riskieren.Kurucz riet ihr ab, aber sie lächelte nur: »Paß auf!« Sie w<strong>in</strong>kte und trat auf712

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