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Aufstand in Ungarn

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l<strong>in</strong>den Fenstern h<strong>in</strong>auf: »Druckt die Wahrheit!« Das Gedränge brachteden Verkehr auf dem Straßendreieck zum Erliegen, man forderte, dienächste Ausgabe der Zeitung solle e<strong>in</strong>en Generalstreik proklamieren.Sympathisierenden Journalisten gelang es, Teile des Gebäudes <strong>in</strong> dieHand zu bekommen, und sie begannen, Flugblätter und Handzettel zurUnterstützung der Demonstration zu drucken. E<strong>in</strong>mal entdeckte dieMenge Miklós Gimes an e<strong>in</strong>em der oberen Fenster und forderte den»Bärtigen« auf, zu ihnen herunterzukommen. (Se<strong>in</strong> schwarzer Bart war <strong>in</strong>vollem Flor, da die Partei ihn noch immer nicht rehabilitiert hatte.) Dannf<strong>in</strong>g die Menge an, irgend etwas zu verbrennen – es stellte sich heraus,daß es die Extraausgabe der Zeitung war. Ste<strong>in</strong>e flogen, und bald warkaum noch e<strong>in</strong> Fenster heil. Meter um Meter drang die Menge <strong>in</strong> dasGebäude vor, alles zertrümmernd und plündernd. Sie räumten dieVerwaltungsbüros im ersten und zweiten Stock aus, ließen aber dieRedaktionsräume im dritten Stock überwiegend heil.Gimes war nicht der e<strong>in</strong>zige, ehemals l<strong>in</strong>ientreue Kommunist, der sichim Verlagsgebäude befand und wütend nicht nur auf das Regime, sondernauch auf sich und se<strong>in</strong>e Genossen selbst war. Viele Jahre ihres Lebenshatten sie dieses Regime gefördert und viel seelisches Kapital <strong>in</strong>vestiert.Auch der frühere Herausgeber der Literaturzeitung, Miklós Molnár, begabsich zum Verlagsgebäude Freies Volk.È Er hatte jahrelang <strong>in</strong> diesem Hausals Theaterkritiker gearbeitet. Niedergeschlagen wanderte er durch die mitGlassplittern übersäten Gänge. Auf der dritten Etage schrillten dieTelephone, während Redaktionsleitung und Regierungsfunktionäreverhandelten.Die Spiegelglastüren waren zertrümmert. Die ÁVH-Wachen, denenman den Schießbefehl verweigert hatte, konnten gerade noch flüchten,bevor die Menge das Gebäude um Mitternacht stürmte. Der Mob stecktedas Buchgeschäft <strong>in</strong> Brand, durchwühlte die Lagerräume des Parteiverlagshauses»Szikra« und schleppte die Buchbestände mit denunverdaulichen Werken von Len<strong>in</strong>, Marx und Stal<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>emScheiterhauf en auf der Straße. Der Rote Stern war vom sechsten Stocknach unten geworfen worden, und die Rebellen erzwangen sich den324

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