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Aufstand in Ungarn

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Jahre getrennt gelebt hatten, als Berei <strong>in</strong> den Westen gegangen war, dannaber wieder zusammenzogen. (Selbst wenn niemand dabei war, soll sieihn »Genosse Berei« genannt haben – wird behauptet.)Als der <strong>Aufstand</strong> se<strong>in</strong>en Höhepunkt erreicht hatte, durchsuchtenbewaffnete Rebellen die Umgegend nach versteckten Angehörigen desStaatssicherheitsdients und stiegen dabei auf dieses Paar, das ungerührt <strong>in</strong>se<strong>in</strong>er Villa geblieben war. Hochmütig präsentierte Frau Andics zweiPässe und wies sie beide damit als Bürger der Sowjetunion aus. Um dieRussen nicht zu provozieren, hielten daraufh<strong>in</strong> die Anführer derAufständischen ihre aufgebrachten Männer von überstürzten Reaktionenab. So wurde das Paar der Sowjetbotschaft übergeben.Dreitausend Fachleute kontrollierten unter Genosse Berei, auf derHöhe se<strong>in</strong>er Macht Vorsitzender des Planungsbüros, die Wirtschaft desLandes. Nun traf ich sie immer noch <strong>in</strong> dem gleichen Hause an, <strong>in</strong> dem siedamals gewohnt hatten. Nicht weit davon liegt die Villa von Imre Nagy,von der aus er sich am 23. Oktober 1956 als neuer Staatschef auf den Wegmachte. Dieser Weg führte ihn schließlich <strong>in</strong>s Gefängnis und <strong>in</strong> den Tod.Weiter oben <strong>in</strong> den Bergen lag das Haus von Rákosi. Die Menschen,an denen ich jetzt vorbeig<strong>in</strong>g, hatten sich als K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> die Tornischengedrückt, wenn täglich die Kolonnen der schwarzen Limous<strong>in</strong>en russischerHerkunft mit den zugezogenen Gard<strong>in</strong>en an den Wagenfenstern anihnen vorbeirauschten.Das Gebäude, <strong>in</strong> dem die Andics wohnten, war unbewacht, es hattedr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>en neuen Anstrich nötig. Im Garten vor dem Haus wucherteUnkraut. E<strong>in</strong>e ältliche Haushälter<strong>in</strong> öffnete die Tür und verständigte dasEhepaar von me<strong>in</strong>er Ankunft.Ich hatte viel über die Macht gelesen, die sie 1945 nach ihrerRückkehr aus Moskau ausübten. Es überraschte mich, daß sie beide sokle<strong>in</strong> waren. Berei mit se<strong>in</strong>en achtundsiebzig Jahren wirkte mißmutig, se<strong>in</strong>Gesicht sah aus wie e<strong>in</strong> verschrumpelter Apfel. Se<strong>in</strong>e Frau machte e<strong>in</strong>enlebhafteren E<strong>in</strong>druck und schien mir mit ihren großen runden Augen dieWorte förmlich von den Lippen zu saugen. Gerade als ich dachte, ich hätte76

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