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Aufstand in Ungarn

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»Sechs Monate lang h<strong>in</strong>g das Todesurteil wie e<strong>in</strong> Damoklesschwertüber mir, und ich wappnete mich <strong>in</strong>nerlich für me<strong>in</strong>en letzten, kurzenGang. Me<strong>in</strong>e Tage waren ohneh<strong>in</strong> gezählt gewesen, denn schon unterHorthy hätte ich leicht h<strong>in</strong>gerichtet werden können. Dann hatte ich e<strong>in</strong>esNachts e<strong>in</strong>en Besucher. Er sprach nicht akzentfrei, und daraus schloß ich,daß er ke<strong>in</strong> gebürtiger Ungar war. Er fragte mich hartnäckig, mit welchenhochgestellten Persönlichkeiten ich <strong>in</strong> der Sowjetunion <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dunggestanden hätte. Da zählte ich Marschall Woroschilow, BotschafterPuschk<strong>in</strong> und alle übrigen auf. Das Gespräch dauerte sieben Stunden. Alser sich verabschiedete, nannte er mich ›Genosse Marosán‹ und sagte ›AufWiedersehen‹ und nicht ›Leben Sie wohl‹. In der darauffolgenden Wocheverwandelte der Jankó-Rat – unser Oberster Gerichtshof – me<strong>in</strong>Todesurteil <strong>in</strong> ›Lebenslänglich‹.«Marosán hatte Tränen <strong>in</strong> den Augen, als er mir folgendes gestand:»Fünfe<strong>in</strong>halb Jahre sprach ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Menschenseele mit mir. Mit wemhätte ich auch sprechen sollen. Das war sehr schwer für mich, denn ichhatte mich bereits mit me<strong>in</strong>em Todesurteil abgefunden, während ›Lebenslänglich‹. . . «Se<strong>in</strong>e Stimme versagte. Dann fuhr er fort: »Es gab nur zwei Möglichkeiten:Entweder man kam krank und verbittert oder gesund und fanatischentschlossen wieder heraus. Ich gehörte zur zweiten Sorte.«In <strong>Ungarn</strong> sagt man: »Als Kommunist muß man zur ›sitzendenLebensweise‹ berufen se<strong>in</strong>.« Bis auf wenige Ausnahmen hatten alle bekanntenKommunisten e<strong>in</strong>ige Zeit im Gefängnis gesessen. Es war e<strong>in</strong>eMutprobe. Rajks übriggebliebene »titoistische« Ges<strong>in</strong>nungsgenossen wurdenzusammengetrieben, e<strong>in</strong>gesperrt und mit unglaublicher Grausamkeitbehandelt.E<strong>in</strong>er der bekanntesten war Géza Losonczy, der aufrechte, wenn auchetwas humorlose Sohn e<strong>in</strong>es Pfarrers. 1938 trat er <strong>in</strong> die Partei e<strong>in</strong>, 1942wurde er Mitglied der Widerstandsbewegung. Seit 1945 war Losonczy,e<strong>in</strong> <strong>in</strong>telligenter, kultivierter Mann, Redakteur der Parteizeitung undzeichnete sich durch dynamische Berichterstattung aus. Er nahm ke<strong>in</strong>90

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