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Aufstand in Ungarn

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Preisträger Gyula Háy traf am 16. Oktober zu e<strong>in</strong>er Rout<strong>in</strong>ediskussionüber Literatur <strong>in</strong> Györ e<strong>in</strong>, wo sich über tausend Zuhörer im Jokai-Theaterdrängten, um ihn zu hören.ËÈ Mehrere Studenten meldeten sich zu Wortund verlangten erstmals den Abmarsch der sowjetischen Truppen. Háystimmte zu: »Als Gäste s<strong>in</strong>d uns die Russen willkommen, aber e<strong>in</strong>eStationierung russischer Truppen <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> ist überflüssig.« Er schlugvor, die Gerichtsverhandlung über Mihály Farkas öffentlich abzuhalten,selbst wenn die Fäden, an denen diese Marionette h<strong>in</strong>g, bis <strong>in</strong> den Kremlreichten. »Wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit großer Umwälzungen«, verkündete HáyEr sah nicht e<strong>in</strong>, warum die Beziehungen zu Moskau nicht geändertwerden sollten. »Jugoslawien war erfolgreich bei der Sicherung se<strong>in</strong>erUnabhängigkeit, auch Polen und Ch<strong>in</strong>a arbeiten an e<strong>in</strong>em Sozialismuseigener Prägung, der den Besonderheiten ihres Landes und ihrerGeschichte entspricht.« (Aber als jemand die Wiedere<strong>in</strong>setzung Kard<strong>in</strong>alM<strong>in</strong>dszentys verlangte, antwortete Háy ausweichend – se<strong>in</strong>e rotenBlutkörperchen revoltierten immer noch gegen jede Regung religiöserFreiheit.)In e<strong>in</strong>er Atmosphäre unterdrückter Erregung wälzt sich derBesucherstrom aus dem Jokai-Theater. In der Menge ist auch e<strong>in</strong> Mannvon vierundvierzig Jahren, entkräftet und weißhaarig: der ehemaligejugoslawische Attaché Lazarus Brankov. Als die ÁVH ihn 1949 für ihrIntrigenspiel im »Fall Rajk« brauchte und deshalb entführte, war er e<strong>in</strong>kräftiger, junger Mann gewesen.ËÍ Am 3. April 1956 wurde er freigelassenund erhielt e<strong>in</strong>e Stellung an der Landesbibliothek <strong>in</strong> Györ. E<strong>in</strong>e Zeitlanghatte er Fluchtpläne geschmiedet – vielleicht könnte er mit e<strong>in</strong>emSchlauchboot aus <strong>Ungarn</strong> entkommen. Inzwischen war Rákosi zwar vonder Bildfläche verschwunden, aber das Regime würde ihn alsAugenzeugen der Verbrechen von NKWD und ÁVH niemals lebendheimkehren lassen. Heute nun hat er gehört, wie Gyula Háy sagte: »Ichb<strong>in</strong> bereit, für me<strong>in</strong>en Glauben <strong>in</strong>s Gefängnis zu gehen und zum Märtyrerzu werden.«Brankov beschließt, zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten.247

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