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Aufstand in Ungarn

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im ganzen Lande, als die amnestierten Männer aus Rákosis Kerkern undArbeitslagern heimlich über ihre Erlebnisse berichteten.György Faludy, e<strong>in</strong> fünfundvierzig Jahre alter Dichter, wurde imOktober 1953 nach vier Jahren <strong>in</strong> Recsk freigelassen. Er und andereehemalige Gefangene wurden im Erholungsheim des Schriftstellerverbandesuntergebracht. Dort herrschte im Gegensatz zu ihrem bisherigenAufenthaltsort e<strong>in</strong> Luxus, der nicht ohne Wirkung auf die ehemaligenGefangenen und auf die Schriftsteller blieb.E<strong>in</strong>es Abends sprach die Frau von Géza Losonczy über ihren VaterSándor Haraszti, der Hauptangeklagter im Kádár-Prozeß war und bis 1955im Gefängnis saß. Tamás Aczél, zur Zeit der Verhaftung Harasztis dessenSekretär, gab <strong>in</strong> aller Gelassenheit zu: »Wissen Sie, am nächsten Tag gabich e<strong>in</strong>e Party, auf der wir tanzten und tranken und die ÁVH hochlebenließen, weil sie so wachsam gewesen war und se<strong>in</strong>en Verrat aufgedeckthatte.«ÔNoch haben die Schriftsteller ihren Opportunismus nicht überwunden.Selbst Imre Nagy weist – zu spät – <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Geheimmemoiren darauf h<strong>in</strong>.»In der Zeit vor dem Juni 1953 befanden sich die ungarischenSchriftsteller . . . <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schweren Irrtum. Sie verdrehten Realität undWahrheit. Literatur, Kunst und Musik wurden zu e<strong>in</strong>em Zerrspiegel, <strong>in</strong>dem die Menschen nicht die großen, ungelösten Probleme ihres eigenentäglichen Lebens wiedersahen.«Als Nagy M<strong>in</strong>isterpräsident wurde, ließ die Feigheit der Schriftstellernach; bald würden sie mutig genug werden, »unanständig« zu se<strong>in</strong>.Ende 1953 beschloß der marxistische Parteisekretär des Schriftstellerverbandes,László Kónya, se<strong>in</strong>e Kollegen aufs Land zu schicken. Siesollten die Bauern überreden, auf den Kollektivfarmen zu bleiben. DieJournalisten waren damit e<strong>in</strong>verstanden. Miklós Molnár, ehemaligerRedakteur der Literatur-Woche und Chefredakteur der MonatszeitschriftCsillag [Stern], fand es e<strong>in</strong>e ausgezeichnete Idee. Molnár bat PéterKuczka, <strong>in</strong> den Bezirk Nyirség zu fahren und dar-über ausführlich zuberichten. Diese plötzliche Konfrontation mit den trostlosen Verhältnissen155

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