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Die verbogene Raum-Zeit

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samer als die <strong>Zeit</strong> auf dem Turm - konkret handelt es sich, wie<br />

gesagt, um einen Effekt von der Größe von 3 Billionstel eines<br />

Prozents.<br />

Haller: Um den Effekt direkt zu sehen, empfiehlt es sich, noch ein<br />

weiteres Experiment zu machen. Nehmen wir an, wir haben zwei<br />

sehr genau gehende Uhren, die am Boden völlig synchron laufen,<br />

also dieselbe <strong>Zeit</strong> anzeigen. Jetzt bringen wir die eine Uhr mit dem<br />

Aufzug nach oben zur Turmspitze und lassen sie eine Weile dort.<br />

Anschließend holen wir sie wieder nach unten. Dort vergleichen<br />

wir die <strong>Zeit</strong>en. Was wird man finden? <strong>Die</strong> Uhr, die eine <strong>Zeit</strong>lang<br />

auf der Turmspitze war, geht etwas vor. Zugegeben, der Effekt ist<br />

winzig, aber es kommt mir ausschließlich auf das Prinzip an.<br />

Einstein: Wenn ein Mensch 80 Jahre auf dem Turm ausharrt und<br />

dann auf den Boden zurückkehrt, ist er etwa ein Zehntausendstel<br />

einer Sekunde jünger im Vergleich zu jemandem, der auf dem Boden<br />

blieb - der Effekt ist also in unserem Beispiel völlig vernachlässigbar<br />

und auch nicht meßbar.<br />

Haller: Sie werden staunen, aber der Effekt wurde tatsächlich<br />

gemessen, und zwar zuerst im Jahre 1960 in einem Experiment an<br />

der Harvard-Universität. Heute ist der Nachweis der gravitativen<br />

<strong>Zeit</strong>verbiegung eine Routineangelegenheit.<br />

Einstein: Das überrascht mich in der Tat. Wie kann man denn so<br />

winzige <strong>Zeit</strong>unterschiede überhaupt messen?<br />

Haller: Das Experiment war unserem Gedankenexperiment sehr<br />

ähnlich. Als Turm diente der Jefferson Tower des Physikinstituts,<br />

der allerdings nur etwa 22 m hoch ist. Man benutzte auch kein<br />

Laserlicht, sondern Gammastrahlen, also hochenergetische elektromagnetische<br />

Strahlen. Zur Erzeugung der Gammastrahlen verwendete<br />

man instabile Atomkerne des Eisens. <strong>Die</strong>se senden beim<br />

Zerfall Gammastrahlen mit einer sehr genau festgelegten Frequenz<br />

aus. Um das Experiment durchzuführen, mußte man allerdings<br />

sicherstellen, daß die Frequenz der ausgesandten Gammastrahlen<br />

nicht durch atomare Bewegungen verändert wird und auch mit<br />

größter Präzision gemessen werden kann. <strong>Die</strong>s geschah mit Hilfe<br />

eines von Rudolf Mößbauer um 1960 in Deutschland entdeckten<br />

Effekts, der hier nicht näher diskutiert werden soll.<br />

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