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Edition Rechtsextremismus

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Trends und Ursachen des <strong>Rechtsextremismus</strong> in Ostdeutschland<br />

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den, dann können diese beiden Kausalfaktoren zur Erklärung der langfristigen<br />

Entwicklung des ostdeutschen <strong>Rechtsextremismus</strong> nach der Wiedervereinigung<br />

herangezogen werden.<br />

Nachfolgend möchte ich untersuchen, inwieweit die gerade skizzierten Ansätze<br />

geeignet sind, das Auftreten rechtsextremer Einstellungen in der ostdeutschen<br />

Bevölkerung zu erklären. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei der Frage zu widmen,<br />

inwieweit rechtsextreme Einstellungen mit der Bewertung der DDR und der<br />

sozialistischen Ordnung verknüpft sind, weil die DDR ihrem Anspruch nach und<br />

in der Vorstellung vieler Ostdeutscher bis heute als antifaschistisches und „linkes“<br />

Gesellschaftsprojekt gilt. Als empirische Basis meiner Untersuchung dienen die<br />

Daten des THÜRINGEN-MONITORs, einer jährlich stattndenden Repräsentativbefragung<br />

der wahlberechtigten Bevölkerung des Freistaates Thüringen mit jeweils ca.<br />

1.000 Befragten (vgl. Best, 2012; Best et al., 2013). Die Datenreihe des T HÜRIN-<br />

GEN-MONITORs dokumentiert die Anteile rechtsextrem eingestellter Thüringer und<br />

Thüringerinnen von 2001 bis 2014 fast lückenlos, nur im Jahr 2009 fand keine Erhebung<br />

statt. Initiiert wurde die Befragung in Folge des Brandanschlages auf die<br />

Synagoge in der Landeshauptstadt Erfurt im Jahr 2000. Von Seiten der Politik und<br />

der Öffentlichkeit im Freistaat hat seitdem großes Interesse bestanden, die Entwicklung<br />

rechtsextremer Einstellungen im weiteren Kontext der politischen Kultur<br />

Thüringens wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Dies wurde auch besonders<br />

deutlich nach dem Bekanntwerden der Verbrechen des „Nationalsozialistischen<br />

Untergrundes“ (NSU), dessen (mutmaßliche) Mitglieder alle aus der thüringischen<br />

Universitätsstadt Jena stammen. Wobei es aus wissenschaftlicher Perspektive nicht<br />

unproblematisch ist, die ausländerfeindlich und rassistisch motivierten Gewaltexzesse<br />

des NSU mit den Einstellungen in der allgemeinen Bevölkerung in Bezug zu<br />

setzen. Seit 2012 wird der T HÜRINGEN-MONITOR unter meiner Leitung am Institut<br />

für Soziologie der Friedrich Schiller-Universität Jena erstellt und ausgewertet.<br />

Den Kern der indikatorengestützten Messung rechtsextremer Einstellungen<br />

bieten im T HÜRINGEN-MONITOR zehn Zustimmungsitems, die zu einer <strong>Rechtsextremismus</strong>skala<br />

verrechnet werden. Der Grundstein für dieses Messkonzept wurde<br />

2001 gelegt, als eine Gruppe deutscher Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen<br />

eine „Konsensde nition“ des <strong>Rechtsextremismus</strong> erarbeitete. Die<br />

„Konsensdenition“ besitzt mittlerweile quasi-of ziellen Charakter, da sie von<br />

der wissenschaftlichen Forschung ausgehend auch Eingang in die politischen Programme<br />

zur Bekämpfung des <strong>Rechtsextremismus</strong> auf Länder- und Bundesebene<br />

gefunden hat. Demnach ist <strong>Rechtsextremismus</strong> ein Einstellungssyndrom, das<br />

Fremdenfeindlichkeit, Chauvinismus, die Af nität zur (nationalen) Diktatur, die<br />

Verharmlosung des Nationalsozialismus, Antisemitismus und Sozialdarwinismus<br />

umfasst. Jeder dieser sechs Dimensionen – oder besser: Facetten – des Rechtsex-

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