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Edition Rechtsextremismus

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254 Dirk Laabs<br />

„Es dü rfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden,<br />

die ein Regierungshandeln unterminieren“<br />

Schließlich hatte das BfV auch mit dem letzten Mord der Ceska-Serie indirekt<br />

zu tun, bei dem die Verfassungsschutzgemeinde besonders exponiert wurde. Als<br />

neuntes Opfer wurde ein junger Mann in seinem Internetcafé in Kassel im April<br />

2006 erschossen.<br />

Ein Jugendlicher wies die Polizei auf einen „richtigen Deutschen“ hin, der während<br />

oder kurz vor der Tat ebenfalls an einem Computer im Café gesessen hatte,<br />

sich bislang aber nicht als Zeuge gemeldet hatte. Die Polizei konnte ihn aus ndig<br />

machen – es war ein V-Mannführer des LfV Hessens, Andreas Temme. Erst gab<br />

er zu, am Tattag in dem Café gewesen zu sein, dann stritt er es ab. Er traf sich<br />

mehrfach mit dem Präsidenten seines Amtes, dazu heimlich mit seiner Che n,<br />

obwohl er schon unter einfachem Mordverdacht stand, man besprach, was zu tun<br />

war. Erst später stellte sich heraus, dass seine Vorgesetzte ihn und seine Kollegen<br />

wenige Wochen vor dem Mord im Internet-Café per E-Mail über die Ceska-Mordserie<br />

informiert hatte, beigefügt war ein Info-Blatt des BKA. Die Chen hatte ihre<br />

Beamten in der Mail aufgefordert, sich unter den V-Leuten umzuhören: „Gibt es<br />

Dinge, die VM [V-Männer] dazu sagen könnten?!“ Temme hat tatsächlich einen<br />

V-Mann in der rechten Szene, der ausgerechnet im Umfeld des Trios eingesetzt ist.<br />

Die Polizei drängte darauf, die V-Männer von Temme zu verhören, fünf Islamisten<br />

und eben jenen jungen Nazi, mit dem Temme zudem am Tattag ausführlich<br />

telefoniert hat. Doch das LfV Hessen verweigerte der Polizei die Spitzel als Zeugen<br />

zu vernehmen, der Geheimschutzbeauftragte des Amtes erklärte, dass „eine<br />

Vernehmung und der damit einhergehende Verlust der Quellen das „größtmögliche<br />

Unglü ck fü r das Landesamt“ darstellen wü rde:<br />

„…wenn solche Vernehmungen genehmigt wü rden, wäre es fü r einen fremden<br />

Dienst ja einfach, den gesamten Verfassungsschutz lahm zu legen. Man mü sse nur<br />

eine Leiche in der Nähe eines V-Mannes bzw. eines V-Mann-Fü hrers positionieren.“<br />

Quellenschutz ist also wichtiger als die Aufklärung einer Mordserie, sobald das<br />

„Staatswohl“ gefährdet ist. Andreas Temme und seine Kollegen beim LfV Hessen<br />

wissen eindeutig mehr als sie zugeben, behalten es aber trotzdem für sich, denn<br />

vieles deutet darauf hin, dass Temme dienstlich und nicht zufällig in dem Internet-Café<br />

war.<br />

Nach dem Mord von Kassel endete die Ceska-Mordserie – ohne dass sie von<br />

der Polizei aufgeklärt wird. Da die Rolle Temmes früh publik wurde, wurde das<br />

LfV Hessen vehement kritisiert, der Präsident musste gehen. Als Nachfolger kam

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