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Edition Rechtsextremismus

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„Lügenpresse“?<br />

327<br />

walttaten“ wie „Mügeln, Sebnitz und Hohmann“ 21 würden zum Anlass genommen,<br />

um den politisch geförderten „Kampf gegen Rechts“ auszudehnen, schreibt<br />

die Wochenzeitung. In der Rubrik „Zitate“ veröffentlicht sie Ausschnitte aus der<br />

Presse (u. a. aus Die Welt und von Spiegel-Online ), die beweisen sollen, dass die<br />

Thematisierung „Mügeln(s)“ neue Möglichkeiten gegen „rechtschaffende Rechte“<br />

vorzugehen eröffnen soll (vgl. Schellenberg, 2014, S. 203ff.).<br />

Doch die Radikale Rechte entwirft noch einen Angriffspunkt: Die Medien<br />

würden die Kleinstadt Mügeln mit böswilliger Absicht und gegen die Fakten als<br />

„Hort des <strong>Rechtsextremismus</strong>“ darstellen, heißt es etwa im Artikel mit der aussagekräftigen<br />

Überschrift „Von der Schlägerei im Bierzelt zur ‚Hetzjagd’“. 22 Tatsächlich<br />

kreiert die Radikale Rechte einen Kausalzusammenhang zwischen der<br />

Einschätzung des Vorfalls als „rechtsextrem“ und einer angeblichen Kollektivschuld<br />

der Stadt Mügeln und aller ihrer Bürger. So unterliegt ihrer Argumentation<br />

stets die absurde Behauptung, „die Mügelner“ (später auch die Ostdeutschen) seien<br />

legitim als „rechtsextrem“ zu bezeichnen, wenn der Übergriff in Mügeln einen<br />

„rechtsextremen“ oder „fremdenfeindlichen“ Hintergrund hatte. Deswegen gilt<br />

der Umkehrschluss: Weil die Bürger Mügelns „anständig“ sind und nicht „rechtsextrem“,<br />

dürfe man nicht von einem rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Tathintergrund<br />

sprechen. Gleichzeitig übernehmen die radikalen Rechten lautstark<br />

die Rolle der Beschützer gegenüber den Mügelner Bürgern. Sie sprechen „die<br />

Mügelner“ als Kollektiv an. Das Gleiche gilt für die Ostdeutschen – auf die die<br />

Gruppe der Mügelner ausgedehnt wird und die im Verlauf der Debatte immer stärker<br />

als die angeblich Diskriminierten von den Rechtsradikalen angesprochen werden.<br />

Und schließlich wird die Brücke zu den „nationalen Deutschen“, den „wahren<br />

Deutschen“, den radikalen Rechten selbst, die sich gegen böswillige Mächte,<br />

Ausländer, Politik und Medien (gemeinsam) zur Wehr setzen müssen, geschlagen.<br />

Dieser Dreischritt – „Mügelner“, „Ostdeutsche“, „nationale Deutsche“ – wird in<br />

der Debatte über den „Fall Mügeln“ von den radikalen Rechten vorgegeben – und<br />

von einigen anderen Akteuren zumindest teilweise mitgegangen. Er verspricht in<br />

der kon ikthaften Auseinandersetzung ein (vermeintlich) bequemes „Deutschsein“,<br />

das auf ostdeutsche Identitäten zurückgreift und sich kritikfrei jenseits von<br />

bundesrepublikanischen Normvorstellungen positioniert.<br />

21 Weiter werden in den Texten der Bombenanschlag in Düsseldorf und der Fall Ermays<br />

M. genannt. Beim Fall Hohmann handelt es sich nicht um eine „Gewalttat“, sondern<br />

um eine antisemitisch konnotierte Schuld-Debatte.<br />

22 Junge Freiheit, 36/07, vom 31. August 2007: „Von der Schlägerei im Bierzelt zur<br />

‚Hetzjagd’. Medien: Wie die Berichterstattung über den ‚Fall Mügeln’ die politische<br />

Diskussion beeinflusst / ‚Leichtfertige Vorverurteilung’“ von Michael Paulwitz.

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