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Edition Rechtsextremismus

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<strong>Rechtsextremismus</strong> und pauschalisierende Ablehnungen<br />

399<br />

• sie Schwierigkeiten der Integration in demokratisch und gewaltfrei strukturierten<br />

Kontexten verspüren, weil sie mangelnde Zugehörigkeit, Teilhabe,<br />

Partizipationschancen und Identikationsmöglichkeiten erleben, oder weil die<br />

Integrationsmodi, die sie für sich offenstehen sehen, Integration auf undemokratische<br />

und (potenziell) gewaltförmige Weise offerieren (etwa als Nationalismus,<br />

Maskulinismus, Islamismus u.ä.m.);<br />

• ihnen sozial akzeptierte Formen sinnlichen Erlebens nicht zugänglich sind und<br />

damit genussvolle Befriedigung psycho-physischer Bedürfnisse im Alltag ausbleibt<br />

oder als unzumutbar beschränkt erlebt wird;<br />

• sie Sinnerfahrung und -stiftung nicht hinreichend außerhalb von Ablehnungskontexten<br />

erleben, etwa in individuell befriedigender und sozial nicht schädigender<br />

Weise im schulischen und beru ichen Bereich, in Bereichen der privaten<br />

Lebensplanung oder auch in religiösen und weltanschaulichen Bezügen;<br />

• Verarbeitungssymbole und Deutungsangebote für solche Erfahrungen in Gestalt<br />

von Ablehnungskonstruktionen einerseits im biogra sch aufgebauten<br />

Speicher von erfahrungsstrukturierenden Repräsentationen, also von individuell<br />

vorhandenen bildhaften Vorstellungen, Symbolen und Kodes (vgl. Moscovici,<br />

1973), bereits als Leitguren existieren und andererseits im realen oder virtuellen<br />

Sozialraum diskursiv präsent sind und dadurch Attraktivität entfalten<br />

können, dass sie in der Lage sind, sich angesichts der oben benannten Mangelerfahrungen<br />

als lebensbewältigungs- und -gestaltungsfunktional darzustellen;<br />

• Selbst- und Sozialkompetenzen aufgrund von Mängeln in den Bereichen von<br />

Kontroll-, Integrations-, Sinnlichkeits- und Sinnerfahrung nicht so weit entwickelt<br />

werden, dass sie die Erfahrungsvollzüge in einer Weise aufsuchbar,<br />

beschreibbar, deutbar, bewertbar und einordbar erscheinen lassen, die in ausreichendem<br />

Maße Resistenzen gegenüber (diskursiven Angeboten von) Ablehnungskonstruktionen<br />

aufbauen könnte.<br />

Zentrale Konsequenz für politische, zivilgesellschaftliche, pädagogische und sozialarbeiterische<br />

Strategien muss dementsprechend sein, den Herausforderungen<br />

adäquat zu begegnen, die durch die Beschränkung von KISSeS-Erfahrungen,<br />

insbesondere bei den nachwachsenden Generationen kulminieren. Zielführendes<br />

Handeln gegen <strong>Rechtsextremismus</strong> und andere Formen von Menschenverachtung<br />

kann dabei nicht sein, politisch-moralisierend auf der ‚richtigen’ Seite Position<br />

zu beziehen. Es darf sich aber auch nicht darin erschöpfen, argumentativ-kommunikativ<br />

gegen pauschalisierende Ablehnungskonstruktionen vorzugehen. Vielmehr<br />

gilt: Wer nachhaltig un- und antidemokratische Bestrebungen abbauen will,<br />

kommt nicht umhin, für Lebensverhältnisse und insbesondere Strukturen des Aufwachsens<br />

zu sorgen, die für alle Gesellschaftsmitglieder Plattformen für Erfah-

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