05.01.2016 Views

Edition Rechtsextremismus

75dwIuZct

75dwIuZct

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

233<br />

„Am 5. Januar 1996 bat die Projekteinheit II 2 C (Unorganisierte Militante, insbesondere<br />

Skinheads) im Projektbereich II 2 (Neonazistische Aktivitäten) die Beschaffungsprojekteinheit<br />

um die Werbung einer Quelle‚ im Bereich der militanten<br />

rechtsextremistischen Szene im Raum Rudolstadt/Saalfeld (Thü ringen), die unter<br />

dem Namen ‚Anti-Antifa Ostthü ringen‘ auftritt. Begrü ndet wurde der Wunsch zum<br />

einen mit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Herbst 1995 wegen Bildung<br />

einer kriminellen Vereinigung, zum anderen mit Kontakten von fü hrenden Aktivisten<br />

der Gruppierung ins Ausland. Die durch eine Quelle des LfV Thü ringen (vermutlich<br />

„2045“ – Tino Brandt) beschafften Informationen seien nicht ausreichend.“ 4<br />

Ehemalige V-Mannführer von Brandt behaupten hartnäckig, dass sie ihren Informanten<br />

unter Kontrolle gehabt hätten, und betonen, dass er eine Spitzenquelle<br />

gewesen sei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sah das jedoch offenbar zu<br />

Recht anders. Der Vorfall in Rudolstadt hatte gezeigt, dass Brandt offenbar von<br />

den Bombenattrappen und geplanten Übergriffen wusste, den Thüringer Verfassungsschutz<br />

jedoch nicht rechtzeitig gewarnt hat. Das BfV wollte deshalb Quellen<br />

rekrutieren, um unabhängig von Tino Brandt zu werden. Verschiedene Inlandsgeheimdienste,<br />

der MAD, das BfV und das Landesamt für Verfassungsschutz in<br />

Thüringen, wollten also den THS nicht stoppen, sondern unter anderem als Reservoir<br />

für neue Informanten benutzen. Für das BfV schienen insbesondere die<br />

Kontakte des THS ins Ausland interessant gewesen zu sein – um welche Kontakte<br />

es dabei genau ging, ist bislang nicht ausreichend beleuchtet worden. In diesem<br />

Zusammenhang sind Beziehungen von Uwe Mundlos nach Belgien interessant, die<br />

aber bislang von den Ermittlern ebenfalls nicht erhellt werden konnten.<br />

Der Wunsch des BfV, Informanten zu werben, die von Brandt unabhängig berichten<br />

konnten, löste einen verdeckten Wettstreit zwischen Polizeibehörden und<br />

Geheimdiensten aus – die einen wollten Strafanzeigen, die anderen Informanten.<br />

Der THS hätte rechtzeitig zerschlagen werden können<br />

Seit der sogenannten Selbstenttarnung des NSU im November 2011 wird kontinuierlich<br />

diskutiert, wie Rechtsextremisten effektiver bekämpft werden können.<br />

Mit reformiertem Verfassungsschutz, ganz ohne Verfassungsschutz, nur mit den<br />

Staatsschutzabteilungen der Polizei? Diese Frage kann an dieser Stelle nicht abschließend<br />

geklärt werden, dennoch lässt sich über die Vorphase des NSU mit<br />

Bestimmtheit eines feststellen: man hätte die Mitglieder der Gruppe allein mit<br />

polizeilichen Mitteln aufhalten und die Strukturen zerschlagen können. Ob sich<br />

4106<br />

S.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!