05.01.2016 Views

Edition Rechtsextremismus

75dwIuZct

75dwIuZct

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Demokratiepädagogik als präventionswirksame Idee<br />

465<br />

testen Wortsinne unter Demokratie verstehen, durch eine wirksame pädagogische<br />

Lern- und Erfahrungswelt den Rücken stärken wollte. Zugleich verstand sie sich –<br />

politisch gesehen – selbst auch als eine Erzeugerin demokratischer Praxis und<br />

demokratischer Strukturen. Ihre politische Normativität wirkte jedoch bisweilen<br />

so überbordend, das sich in den Wissenschaftlerkreisen der Politik und ihrer Didaktik<br />

eine Art protestantischer Allergie dagegen entfaltete, deren Symptome allerdings<br />

mittlerweile deutlich abklingen.<br />

(b) Ziele: Aus der Perspektive der damaligen Akteure ging es darum, einer<br />

tiefer greifenden Schädigung der Demokratie entgegen zu wirken. Dazu erschien<br />

die Reform einer Schule, die sich formal als demokratisch erklärt, es aber in Wirklichkeit<br />

nicht ist, unerlässlich. Jede neue junge Generation soll, aus der Sicht der<br />

Demokratiepädagogik, das Recht und die Möglichkeit haben, sich diejenigen<br />

Kompetenzen anzueignen, die die Demokratinnen und Demokraten von morgen<br />

benötigen. Das ist eine universelle, frühe Prävention, die nicht darauf wartet, bis<br />

das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Schule, in der sie sich abspielt, muss<br />

sich – so das Credo z. B. der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik<br />

(Edler, 2012) – als Lern- und Lebensort gestalten, an dem Demokratie erfahrbar<br />

wird. Die Hindernisse für eine solche umfassend demokratische Schule liegen, so<br />

die damalige, aber auch die heutige Sichtweise, im Schulsystem, von dessen stabiler<br />

und weitergehenden praktischen Wirkung weiterhin auszugehen ist. Schule,<br />

wie sie strukturell etabliert ist, wird sich aktuell grundlegend kaum verändern<br />

lassen. Sie ist für demokratiewirksame Präventionsarbeit eine gegebene Voraussetzung.<br />

Die Konsequenz daraus ist, auf eine Pädagogik mit reformerischem Mut<br />

und systemischer Intelligenz sowie eine Bildungspolitik zu setzen, die die Krusten<br />

eines antiquierten Schulverständnisses und eines institutionalistischen Demokratiebegriffs<br />

wenigstens immer wieder in Frage stellt. Bei diesem Bemühen ist die<br />

Demokratiepädagogik in den letzten Jahren tatsächlich ein gutes Stück vorangekommen,<br />

und sie hat dabei starke Akteure als Partner gewonnen. Die Aufgabe<br />

bleibt für lange Zeit bestehen!<br />

(c) Neue Kon ikte: Aber dennoch gilt auch: Die Zeiten ändern sich. Die Globalisierung<br />

kultureller und religiöser Konikte ist im Klassenzimmer angekommen.<br />

Alte Welterklärungen greifen nicht mehr. Wo sie dennoch trotzig weiter vorgetragen<br />

werden, wirken sie verharmlosend. Wir sind verunsichert. Ein Beispiel dafür<br />

zeigt sich darin, dass Kinder und Jugendliche nun bisweilen als Akteure von<br />

Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit auftreten, womit wir nie gerechnet<br />

hätten. So sagt eine Schülerin einer fassungslosen Lehrerin ins Gesicht: „Ich brauche<br />

keine Freiheit. Ich habe meinen Glauben.“ Schülerinnen und Schüler teilen<br />

ihre Klasse in Muslime und Christen ein, sie ordnen ihnen eine unterschiedliche<br />

Wertigkeit zu. Ungleichwertigkeitsvorstellungen, bekanntlich immer ein Spezi -

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!