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Edition Rechtsextremismus

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Deradikalisierung als Methode<br />

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in der Zielgruppe (über 1000 Anrufe und über 300 Beratungsfälle seit Beginn,<br />

vgl. Endres, 2014) weltweite Beachtung gefunden (siehe z. B.: Gielen, 2014; Ranstorp<br />

& Hyllengren, 2013; Vidino, 2014). Entscheidend ist bei diesem Netzwerk die<br />

fallbezogene enge Kooperation auf verschiedenen Ebenen (Bund und Länder) mit<br />

verschiedenen staatlichen Behörden auf Grundlage konkreter Standards und Verantwortlichkeiten<br />

(vgl. Koehler, 2014b). Im Bereich der nationalen und internationalen<br />

Deradikalisierungsforschung und –praxis ist dieser Ansatz hoch innovativ<br />

und hat weltweit die Entwicklung entsprechender Modellprojekte stimuliert. Es ist<br />

also abschließend für das noch immer selten praktizierte Konzept der engen Kooperation<br />

zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Trägern zur Sicherung von<br />

Effektivität und Efzienz zu plädieren. Allerdings scheinen dabei nicht nur große<br />

wechselseitige Vorbehalte, sondern auch fehlende Kriterien und Standards entscheidende<br />

Hindernisse darzustellen.<br />

5 Evaluation und Standards<br />

Zu den grundsätzlichen Problemen und Kritikpunkten aller Deradikalisierungsprogramme<br />

gehören die Frage nach effektiver und glaubwürdiger Evaluation der<br />

Arbeit und verwendeten Ressourcen in Bezug auf die erwünschten Effekte sowie<br />

die Etablierung von allgemeinen und umfassenden Standards, welche Vergleiche<br />

von Programmen und das Aufzeigen besonders erfolgreicher Ansätze ermöglichen.<br />

Deradikalisierungsprogramme zu evaluieren hat sich aufgrund der oben skizzierten<br />

Differenzierung zu rein physischer Distanzierung als besonders problematisch<br />

erwiesen. Jene rein physische Herauslösung aus radikalen oder extremistischen<br />

Milieus ist relativ einfach zu messen und zu evaluieren (durch nicht-straffälliges<br />

Verhalten, Messung der Rückfallquoten, Kontaktabbruch zu ehemaliger Gruppe<br />

usw.). Dagegen beinhaltet Deradikalisierung durch die implizierte kognitive<br />

Veränderung einen Prozess, welcher sich der sicheren empirischen Überprüfung<br />

entzieht. Zusätzlich ist der Zugang zu den Klienten solcher Programme aufgrund<br />

hoher Sicherheitsstandards und Datenschutzkriterien oftmals sehr schwierig.<br />

Im internationalen Diskurs wurden einige Ansätze diskutiert, allerdings ohne<br />

großächige Anwendung zu nden – z. B. die ‘Multi Attribute Utility Technology<br />

(MAUT)’ (Horgan & Braddock, 2010) oder multidimensionale, vertikale, und<br />

horizontale Methoden (Romaniuk & Fink, 2012). Im Bereich der Kriminologie<br />

wurden zwar sehr vielversprechende Ansätze der linguistischen Analyse vorgestellt<br />

(Maruna, 2001), diese in der Deradikalisierungspraxis aber noch nicht erprobt,<br />

geht es doch um die weitaus komplexere Fragestellung der Messung einer<br />

ideologisch-kognitiven Veränderung. In Konsequenz verwenden die meisten Staa-

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