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Edition Rechtsextremismus

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352 Dorina Feldmann, Christoph Kopke und Gebhard Schultz<br />

Weltbild: „Eine gnosiologisch fundierte rechtsextremistische Ideologie“ sei bei<br />

„rechtsextremistischen“ Gewalttätern „in der Regel nicht vorhanden“, konstatieren<br />

Marneros, Steil und Galvao (2005, S. 434), „und wenn, dann nur in oskelhafter<br />

oder gar skurriler Form“. 11 In unserem erwähnten Fall sehen sich beide Täter selbst<br />

aber klar als „Rechte“ und werden auch in ihrem Umfeld so wahrgenommen. Sicherlich<br />

verfügen sie über keine „intellektuelle“, „ausgefeilte“ Weltanschauung.<br />

Die stigmatisierenden Äußerungen der Täter fallen allerdings sehr deutlich aus<br />

(u. a. „der war schlecht, dreckig“, „ein niedriger Mensch, ein dreckiger Penner“)<br />

und werden von ihnen auch wiederholt vorgetragen. 12 Damit ist die Annahme einer<br />

politischen Motivation nach unserer Auffassung gerechtfertigt. In der PMK-Statistik<br />

ist dieser Fall bislang nicht enthalten.<br />

Bei fast allen von uns untersuchten Fällen (auch bei den als „unpolitisch“ kategorisierten)<br />

ist nachweisbar, dass die Täter über eine rechtsextreme Gesinnung<br />

verfügten oder zumindest Kontakte zu rechtsextremen Cliquen (Skinheads) hatten.<br />

Bei mehreren Fällen ist zwar eine unmittelbare Tatmotivation im Sinne einer<br />

„rechtsextremen“, menschenverachtenden oder rassistischen Motivlage nicht direkt<br />

nachweisbar. Gewaltneigung und Gewaltanwendung sind aber erkennbar durch die<br />

Zugehörigkeit zu einer „rechten“ Clique bzw. die Übernahme rechtsextremer Einstellungsmuster<br />

und Gesinnungen (z. B. Menschenbild, Gewalt als Problemlösung<br />

…) mindestens mit begünstigt worden. 13<br />

Ein weiteres Beispiel: Am 11. März 1992 wird eine vierzehnjährige Schülerin<br />

im Keller eines 10-stöckigen Neubauwohnhauses in Schwedt (Oder) von vier<br />

Tätern brutal ermordet. Im Urteil des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) heißt es<br />

dazu: „Über einen Zeitraum von etwa 5 Stunden haben sie mit immer neuen Steigerungen<br />

[das Opfer / Anm. Verf.] roh zu Tode gequält.“ Der gemeinschaftliche<br />

Mord wurde von drei Jugendlichen und einem jungen Erwachsenen aus Schwedt<br />

begangen.<br />

Dieser Fall wird bislang nicht in der PMK-Statistik aufgeführt. Auch aus unserer<br />

Sicht war die Tat nicht politisch motiviert. Ausgelöst werden die Misshandlungen<br />

anscheinend durch einen Beziehungskon ikt. Die weitere Eskalation des<br />

11 Ähnlich: Marneros, Steil & Galvao, 2003, S. 383f.<br />

12 Bezeichnenderweise äußert einer der Täter (M.K.) gegenüber dem psychologischen<br />

Gutachter: „Einmal habe ich vor einem halben Jahr einen verdroschen, der mich als<br />

Penner bezeichnete.“<br />

13 Siehe auch Bericht zur Untersuchung ausgewählter Tötungsdelikte der Jahre 1993 bis<br />

2008 in Sachsen-Anhalt (Ministerium für Inneres & Ministerium für Justiz, 2013).<br />

Hier wird bei mehreren Fällen, die letztlich als nicht politisch motiviert gewertet werden,<br />

immerhin die Argumentation angefügt, es sei aber möglich, dass die Brutalität<br />

mit der rechtsextremen Gesinnung zusammenhänge.

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