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Edition Rechtsextremismus

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Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

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behindert, vorhandene Beweismittel aus verschiedenen Gründen nicht konsequent<br />

genutzt, um die rechtsradikalen Strukturen mit Mitteln der Justiz zu zerschlagen.<br />

Eine Führung durch das zuständige Innenministerium fehlte oder war von fragwürdigen<br />

Motiven – dem Quellenschutz von mutmaßlich zentralen Informanten –<br />

fehlgeleitet.<br />

Nur vor diesem Hintergrund kann man das Untertauchen von Uwe Böhnhardt,<br />

Uwe Mundlos und Beate Zschäpe verstehen. Im November 1997 sollen Observanten<br />

des Thüringer Verfassungsschutzes Mundlos und Böhnhardt zu einer Garage<br />

gefolgt sein. Böhnhardt war zuvor vom Mobilen Einsatzkommando (MEK) im<br />

Auftrag des LKA beschattet worden, obwohl er inzwischen in zweiter Instanz für<br />

den Handel mit Nazirock zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde und kurz<br />

vor seinem Haftantritt stand. Wer dem Verfassungsschutz warum den Auftrag gegeben<br />

hat, die beiden jungen Neonazis zu beschatten, konnten die zuständigen<br />

Untersuchungsausschüsse nicht endgültig klären. Erst im Januar 1998 wurde die<br />

Garage vom LKA durchsucht. Der Einsatz begann mit Verzögerung, die zentralen<br />

Zeugen erinnern den Ablauf höchst unterschiedlich. Fest steht inzwischen nur,<br />

dass Böhnhardt mit seinem Auto davonfahren konnte, obwohl er bereits mitbekommen<br />

hatte, dass man Rohrbomben in der Garage gefunden hatte, die ihm zugeschrieben<br />

wurden. Böhnhardt konnte so mit Uwe Mundlos und Beate Zschäpe<br />

iehen. Dass man Uwe Böhnhardt und die anderen bewusst hat abtauchen lassen,<br />

wird auch von ehemaligen Mitgliedern des Thüringer NSU-Ausschusses in Erfurt<br />

noch immer nicht ausgeschlossen. Bis zum Schluss waren die Drei mit dem<br />

V-Mann Tino Brandt in Kontakt. Die Verfassungsschutzbehörden bekamen auch<br />

mit, dass sich zuvor ein harter Kern des THS traf, dessen Mitgliedern die Gesamtgruppe<br />

zu lasch war. Zu diesen überzeugten „Kadern“ gehörten auch Böhnhardt,<br />

Brandt und Mundlos. Bis heute ist unklar, ob Brandt von diesen Treffen die entscheidenden<br />

Details berichtet hat. Brandt, so viel steht fest, hat Böhnhardt, Mundlos<br />

und Zschäpe auf der Flucht aktiv unterstützt und – wie er es zuvor auch getan<br />

hatte – den Verfassungsschutz bewusst desinformiert und falsche Fährten gelegt,<br />

mutmaßlich, um die Drei zu schützen.<br />

Auch ohne die Hilfe von Brandt wussten die Verfassungsschutzbehörden schon<br />

nach wenigen Wochen, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nach Chemnitz ge-<br />

ohen waren. Sie konnten dabei auf abgehörte Telefonate, Meldungen von V-Männern<br />

und Informationen, die man bei der Polizei abgeschöpft hatte, zurückgreifen.<br />

In Chemnitz lebte Thomas Starke, der Freund von Uwe Mundlos, sowie andere<br />

Skinheads, mit denen die „Drillinge“, wie sie behördenintern genannt wurden, seit<br />

langem befreundet waren. Den Verfassungsschutzbehörden wurde auch schnell<br />

klar, wer die Drei konkret unterstützte – eben Starke und vor allem Jan Werner –<br />

die Köpfe der sächsische „Blood and Honour“-Sektion. Auf thüringischer Seite

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