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Edition Rechtsextremismus

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Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

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viert, Ermittler und Verfassungsschutzagenten waren ihnen sehr nah. Abermals<br />

hatten die verschiedenen Verfassungsschutzbehörden und die Polizei jedoch konträre<br />

Ziele. Innerhalb des Thüringer LKAs zog man nicht an einem Strang, die<br />

Suche nach den Drillingen wurde immer wieder von LKA-Beamten selber sabotiert.<br />

Das LfV Sachsen – im Auftrag des BfV – nutzte wiederum eine Operation,<br />

die dafür gedacht war, Böhnhardt und die anderen zu nden, lieber dafür, die<br />

Chemnitzer Szene aufzuklären und potenzielle Informanten auszumachen. Um<br />

das eigentliche Ziel – die drei „Bombenbastler aus Jena“ zu nden – ging es, wenn<br />

überhaupt, nur noch in zweiter Linie. Im Ergebnis konnten die „Bombenbastler“<br />

im Sommer 2000 aus Chemnitz verschwinden, nachdem abermals das Fernsehen<br />

über sie berichtet hatte, und ihnen der Boden zu heiß geworden schien. Im Jahr<br />

zuvor hatten Böhnhardt und Mundlos bereits ihre erste – scharfe – Bombe in einer<br />

Nürnberger Kneipe abgelegt, die explodierte und einen jungen Türken verletzte.<br />

Während die mutmaßlichen Mitglieder des NSU die Bomben konstruierten, waren<br />

sie unter großem Fahndungsdruck und mussten mehrmals die Wohnung wechseln.<br />

Dass es ihnen trotzdem gelang, eine scharfe Bombe zu bauen, ist ein Indiz dafür,<br />

dass sie Hilfe – sichere Räume, Bombenmaterial – aus ihrem Umfeld bekommen<br />

haben. Doch etwaige Zeugen und potenzielle Mitverschwörer wie Jan Werner und<br />

Thomas Starke schweigen zu diesem Punkt oder können vom zuständigen BKA<br />

nicht überführt werden. Das fällt dem BKA allerdings auch deshalb schwer, weil<br />

die Verfassungsschutzbehörden der Polizei wesentliche Informationen vorenthalten.<br />

Die Drillinge zogen schließlich Mitte 2000 nach Zwickau, ganz in die Nähe<br />

eines anderen BfV-Spitzels: Ralf Marschner alias Primus. Wenig später begann<br />

die Mordserie des NSU, bei der immer eine Ceska mit Schalldämpfer eingesetzt<br />

wurde.<br />

„Vor diesem Hintergrund sehe das BfV in der jüngeren<br />

Entwicklung Ansätze für einen Rechtsterrorismus“<br />

Dem BfV wurde regelmäßig vorgeworfen, dass das Amt rechten Terror auch in<br />

der entscheidenden Phase – als das Morden des NSU begann – nicht für möglich<br />

hielt. So wurde wiederholt in den verschiedenen Untersuchungsausschüssen<br />

thematisiert, dass das BfV in seinen Jahresberichten nie die Möglichkeiten von<br />

rechtem Terror betont hat – diese Berichte sollen also als Beleg herhalten, dass das<br />

BfV rechten Terror tatsächlich nicht für möglich hielt. Der Inlandsgeheimdienst<br />

kennt allerdings nicht nur eine Wahrheit – gegenüber der Öffentlichkeit oder dem<br />

Parlament kommuniziert der Dienst selten sein ganzes Wissen oder eine Analyse,

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