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Edition Rechtsextremismus

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270 Thomas Grumke<br />

„Der Dienst braucht die besten Experten zu sehr spezi schen Phänomenen wie türkischen<br />

Marxisten oder russischer Wirtschaftsspionage, aber er kann ihnen nur ein<br />

Umfeld bieten, das eher an das Großstadtrevier im Vorabendprogramm erinnert als<br />

an die spannungsgeladene amerikanische CIA-Serie Homeland.“<br />

Trotz erheblicher Anstrengungen in den letzten Jahren, aus der SfV eine hochschulähnliche<br />

Institution oder sogar einen Think Tank bzw. eine „Akademie“ zu<br />

machen und trotz personeller Verstärkung ist diese auch in der Selbstdarstellung<br />

eine Erweiterung vor allem des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das auf der<br />

spärlichen Webpräsenz noch einmal deutlich auf seine Dienstaufsicht hinweist. 4<br />

Noch einmal: eine reguläre Fachausbildung für den gehobenen Dienst hat lediglich<br />

das BfV. Die Landesämter für Verfassungsschutz entsenden ihre Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter mehr oder weniger konsequent lediglich zu Fortbildungen<br />

zu allen Extremismusbereichen. Ansonsten gilt „learning on the job“.<br />

IV. Im Fall Thüringen bezeichnet das sog. Schäfer-Gutachten (Schäfer, Wache<br />

& Meiborg, 2012) die Quellenauswertung und Analyse im Fall NSU als „mangelhaft“<br />

(Schäfer et al., 2012, S. 118f.). Die Folgen dieser mangelhaften Auswertung<br />

waren gravierend: der Verlauf des Untertauchens des NSU, des anfänglichen<br />

Spendensammelns in der Szene und der späteren Ansage, man brauche nun kein<br />

Geld mehr, wurden nicht adäquat analysiert und eingeordnet (Schäfer et al., 2012,<br />

S. 193ff.). Winfriede Schreiber, die ehemalige Leiterin des Verfassungsschutz<br />

Brandenburg, bewertet dies so: „Wenn Extremisten abtauchen, liegt es eigentlich<br />

auf der Hand, sich zu fragen, wie sie sich nanzieren. Die Schrift war an der<br />

Wand – aber sie ist nicht richtig gelesen worden.“ (zit. n. van der Kraats, 2013).<br />

Gordian Mayer-Plath, langjähriger Mitarbeiter im Brandenburger Verfassungsschutz<br />

und heute Leiter des Landesamts in Sachsen, schlägt eine konkrete Lösung<br />

für den von Schreiber beklagten analytischen Analphabetismus vor: Man brauche<br />

nicht unbedingt mehr Verfassungsschützer, sondern bessere:<br />

„Wir brauchen ein breiteres Spektrum an Mitarbeitern, vor allem mehr Geistes- und<br />

Sozialwissenschaftler. Denn Extremisten arbeiten mit Chiffren. Die beziehen sich<br />

auf bestimmte Weltanschauungen und Denkrichtungen, die manchmal nur ein Geisteswissenschaftler<br />

kennen kann. Ich will damit nicht sagen, dass der Verfassungsschutz<br />

ausschließlich aus Historikern bestehen sollte, plädiere aber für eine gesunde<br />

Mischung. Nur mal angenommen, sie nden eine Webseite mit lauter Gedichten von<br />

Ernst Niekisch. Da müssen Sie schon wissen, wer das war. Sonst nden Sie die Seite<br />

nicht verdächtig“ (Machowecz, 2012).<br />

4 Vgl. http://www.verfassungsschutz.de/de/das-bfv/akademie-fuer-verfassungsschutz.

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