05.01.2016 Views

Edition Rechtsextremismus

75dwIuZct

75dwIuZct

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

38<br />

Wolfgang Frindte et al.<br />

Kontrovers zur Desintegrationstheorie von Heitmeyer und Mitarbeitern scheint<br />

auch der Ansatz zu stehen, der von Norbert Götz (1997) vorgestellt und empirisch<br />

geprüft wurde. Götz kritisiert die der Desintegrationstheorie zugrundeliegende<br />

„Modernisierungsverlierer-Hypothese“ und geht von der These aus, dass Rechtsextreme<br />

nicht – wie in der Desintegrationstheorie behauptet, Verlierer, sondern<br />

Gegner der reexiven Moderne seien (Götz, 1997, S. 397ff.). Um diese These zu<br />

explizieren, greift Götz auf den Ansatz des postmaterialistischen Wertewandels<br />

(nach Inglehart, 1977) und auf neuere Erkenntnisse der Autoritarismusforschung<br />

(Altemeyer, 1988; Oesterreich, 1993) zurück. Die empirischen Daten, mit denen<br />

Götz seinen Ansatz zu begründen sucht, stammen aus einer Studie zum <strong>Rechtsextremismus</strong>,<br />

die Richard Stöss (1993) in Berlin durchführte. Die Befunde sind<br />

nicht vollständig überzeugend, verweisen aber durchaus darauf, dass rechtsextrem<br />

orientierte Personen offenbar einerseits von den gesellschaftlichen Bedingungen<br />

einer reexiven Moderne 9 intellektuell und emotional überfordert sind und andererseits<br />

dies durch eine „unzeitgemäße Komplexitätsreduktion und Wirklichkeitskonstruktion“<br />

(Götz, 1997, S. 407) zu kompensieren versuchen.<br />

2.1.4 Rahmenbedingungen für rechtsextreme Tendenzen<br />

A<br />

Makro-soziale Bedingungen<br />

Ost-West-Vergleiche:<br />

Ein besonderer empirischer Fokus lag zunächst auf Ost-West-Vergleichen, um in<br />

den Folgen der politischen und wirtschaftlichen Wende in Ostdeutschland mögliche<br />

Wirkfaktoren für rechtsextreme Tendenzen ausndig zu machen (kaum eine<br />

Studie im Zeitraum von 1990 bis 2000 verzichtete auf derartige Vergleiche; als<br />

Auswahl z. B. Aschwaden, 1995; Friedrich, 1992, 1993; Frindte, Jabs & Neumann,<br />

1992; Maaz, 1993; Melzer, 1992; Melzer & Schubarth, 1992; Oesterreich, 1993;<br />

Pfahl-Traughber, 2000; Seidenstuecker, 1993).<br />

Auch Pollmer, Reissig und Schubarth (1992) berichten Ost-West-Befunde über<br />

Zusammenhänge von subjektiven Bendlichkeiten, Erwartungen für die Zukunft,<br />

Wertorientierungen, politischen Orientierungen, <strong>Rechtsextremismus</strong>, Ausländerfeindlichkeit,<br />

Aggressivität und Gewaltbereitschaft. Die in diesen und ähnlichen<br />

Studien erfolgte Fokussierung auf die Untersuchung von Jugendlichen, jungen Erwachsenen<br />

und Jugendkulturen dürfte ebenfalls eine Konsequenz aus dem Des-<br />

9 Der Begriff der reflexiven Moderne ist eng mit den Arbeiten von Ulrich Beck und<br />

Anthony Giddens verknüpft, die damit den Übergang von einer ersten Moderne zu<br />

einer zweiten Moderne zu beschreiben versuchen (vgl. Beck, Giddens & Lash, 1996).

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!