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Edition Rechtsextremismus

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Uwe Böhnhardt<br />

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die Randgebiete verdrängt wurden (vgl. Thüringer Landtag, 2013, S. 181). Im Falle<br />

Böhnhardt kommen auch Knastgruppierungen in Frage. Jaschke u. a. führen aus,<br />

dass der Anteil an Rechtsextremen zwischen 1993 und 1995 in manchen Jugendhaftanstalten<br />

Ostdeutschlands 30 bis 50 % betragen hat (vgl. Jaschke, Rätsch &<br />

Winterberg, 2001, S. 101). D. h. Böhnhardt ist prädestiniert dafür, in eine rechte<br />

Jugendclique zu gelangen.<br />

Wie meistert Böhnhardt seine Adoleszenzkrise, nach deren Bewältigung die<br />

Formierung seiner Persönlichkeitsstruktur vorläu g abgeschlossen ist? Die Gesellschaft<br />

erwartet von ihm als Heranwachsenden, dass er die Sinnfrage für sich<br />

gelöst hat und sich in den drei Bereichen individuelle Leistung/Erwerbsleben, Elternschaft<br />

und Gemeinwohl/Staatsbürgerschaft bewährt. Von einer gelungenen<br />

Krisenbewältigung ist zu sprechen, wenn der Adoleszent in diesen drei Bewährungsfeldern<br />

einen Standpunkt gefunden hat, der sich von denen der Eltern absetzt<br />

und als gesellschaftlich akzeptiert gilt.<br />

3.2 Adoleszenz<br />

Im Alter von 16 Jahren (1994) geht Böhnhardt eine sozio-erotische Beziehung mit<br />

Beate Zschäpe ein. Zwischen 1993 und 1996 absolviert er ein Berufsvorbereitungsjahr<br />

(BVJ) und im Anschluss daran eine Lehrausbildung zum Hochbaufacharbeiter.<br />

Ab 1994/95 ist er Mitglied der Anti-Antifa Ostthüringen bzw. des Thüringer<br />

Heimatschutzes (THS). Er nimmt an Veranstaltungen der rechten Szene<br />

teil und begeht Propagandadelikte. Er wird verdächtigt, ab Oktober 1996 an der<br />

Herstellung von Briefbombenimitaten und Bombenattrappen beteiligt gewesen zu<br />

sein. 1997 wird er vom Wehrdienst ausgemustert.<br />

Mit 16 Jahren geht Böhnhardt seine vermutlich erste längerfristige sozio-erotische<br />

Beziehung ein, in der sich das Strukturmuster seiner Mutter-Kind-Bindung<br />

reproduziert. Seine Partnerin Beate Zschäpe ist ihm hinsichtlich ihres Alters, ihrer<br />

Reife und ihres Bildungsstandes überlegen. Sie ist wie seine Mutter stark p egerisch<br />

orientiert. Zschäpe wollte Kindergärtnerin werden, bekam aber keinen Ausbildungsplatz.<br />

Zum Zeitpunkt des Kennenlernens absolviert sie eine Lehre zur<br />

Gärtnerin. Sie entscheidet sich für einen Beruf in der Landschaftsp ege, nachdem<br />

ihr eine Ausbildung in der Kinderp ege verwehrt wurde. Es ist davon auszugehen,<br />

dass Zschäpe die Partnerschaft dominiert. Das bedeutet für Böhnhardt<br />

Einschränkungen in diesem Bewährungsfeld und eine tendenziell misslungene<br />

Partnerschaftswahl. Er sieht Beate Zschäpe möglicherweise als die Mutter, die er<br />

sich immer wünschte – die ihn akzeptiert und ihm die Geborgenheit gibt, die er bei<br />

seiner Mutter nicht nden konnte.

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