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Edition Rechtsextremismus

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320 Britta Schellenberg<br />

sind auch Täter“ und nur sehr selten wird zwar die neue Nachricht mitgeteilt, jedoch<br />

ihre Bedeutung kritisch hinterfragt: in diesen wenigen Berichten wird betont,<br />

dass die Migranten mit indischen Wurzeln Opfer rassistischer Gewalt bleiben und<br />

dass einer Anzeige gegen die Opfer allein keinerlei Bedeutung zukommen müsse,<br />

da prinzipiell Jeder gegen Jeden Anzeigen erstatten könne. Beachtlich ist an dieser<br />

Stelle, wie wenige Journalisten die Nachricht kritisch reektieren (können?).<br />

Schon einige Tage darauf folgt allerdings der nächste Impuls, durch die Junge<br />

Freiheit. Am 31. August veröffentlicht die Wochenzeitung ein Interview mit<br />

dem Mügelner Bürgermeister, das von der Presse vor allem kritisch aufgenommen<br />

wird. Der Bürgermeister äußert sich hierin abwertend über all jene, die dem Vorfall<br />

eine fremdenfeindliche oder rechtsextreme Bedeutung zusprechen. Er behauptet,<br />

Mügeln werde durch Medien und Politik unzulässig vorverurteilt und sagt auch,<br />

möglicherweise wären „die Inder“ (mit)schuld am Geschehen. Seine Interpretation<br />

des Falls und der Debatte gewinnt einen deutlich rechtsradikalen Drall (vgl. unten<br />

ausführlich). Das Bürgermeister-Interview in der rechtsradikalen Zeitung garantiert<br />

weiterhin Kon ikt und Kontroverse und verlängert damit die starke Präsenz<br />

des „Falls Mügeln“ in den Medien. Erst nach einigen Tagen geht die Intensität der<br />

Berichterstattung wieder zurück. Das Interview scheint vielen Journalisten (wieder)<br />

vor Augen zu führen, dass es sich um einen rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Übergriff gehandelt haben muss. Als Chronisten geben sie kritische Zitate<br />

aus der gesamten Bundesrepublik, insbesondere von Regional- und Bundespolitikern,<br />

wieder. Diskutiert wird, ob nicht der Bürgermeister mit seinen Aussagen<br />

Teil des Problems „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und „Fremdenfeindlichkeit“ ist, kritisiert<br />

wird auch, dass er sich einer rechtsradikalen Zeitung als Interviewpartner zur Verfügung<br />

stellte. Allerdings berichten viele Journalisten nicht alleine durch Zitate,<br />

sondern kommentieren auch kritisch selbst. Sie erinnern beispielsweise an frühere<br />

problematische Aussagen des Bürgermeisters (etwa gegenüber der Financial Times<br />

Deutschland „fremdenfeindliche Parolen können jedem mal über die Lippen kommen“)<br />

und bemängeln, dass er nicht Probleme in der Kleinstadt thematisiert.<br />

Kon ikt und Kontroverse: Die Nachrichtenfaktoren „Kon ikt“ und „Kontroverse“<br />

sind mit ausschlaggebend für die lange Präsenz des Falls in den Medien<br />

(vgl. Tabelle 2). Jedoch fällt auf, dass die mediale Inszenierung der Kontroverse<br />

zum Teil mehr handwerkliche Schablone ist als eine korrekte inhaltliche Auseinandersetzung:<br />

insbesondere die Positionen der Politik (Bundesparteien) werden<br />

als kontrovers dargestellt, obwohl diese weitgehend identisch in ihren Deutungen<br />

und Normsetzungen (insbesondere Bundespolitiker) sind. Zivilgesellschaftliche<br />

Akteure hingegen werden – ebenso realitätsfern – recht einmütig als Kontrapunkt<br />

zur Politik präsentiert. Überraschend wird übrigens überdurchschnittlich häu g<br />

der Zentralrat der Juden befragt.

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