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Edition Rechtsextremismus

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„Lügenpresse“?<br />

335<br />

4 Fazit<br />

Problematische Muster der Berichterstattung waren: Pauschalisierende und stark<br />

vereinfachende Titel, Überschriften und Stichworte wie „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und<br />

„Mügeln“, die den Medien den Vorwurf einbrachten, sie würden unberechtigte<br />

<strong>Rechtsextremismus</strong>-Debatten führen und eine Stadt kriminalisieren. Tatsächlich<br />

sind die Inhalte der Berichte differenzierter.<br />

Die Ost-West-Bendlichkeiten überlagerten die Berichterstattung: Viele Journalisten<br />

verorteten die Probleme vor allem in Ostdeutschland. Dies behinderte<br />

zum einen eine re ektierte Auseinandersetzung (der westdeutschen und der ostdeutschen<br />

Rezipienten, der Journalisten). Zum anderen konnten die Kritiker der<br />

Medien den Vorwurf, Ostdeutsche würden diskriminiert für die eigene Argumentation<br />

und ihre ideologischen Ziele nutzen.<br />

Besonders problematisch ist, dass Nachrichten von Ermittlungsbehörden und<br />

anderen Journalisten häug wiedergeben wurden, ohne dass ihre Richtigkeit oder<br />

Aussagekraft kritisch geprüft, re ektiert und eingeordnet wurde. Zudem wurde<br />

nicht kontinuierlich und nachhaltig berichtet. Das hatte zur Folge, dass ein fehlerhaftes<br />

Bild der Entwicklung des Rassismus und Neonazismus entstand. Wenig<br />

hilfreich war zudem, dass zunächst die Täter häu g dämonisiert wurden und solange<br />

„Neonazis“ als Täter diskutiert wurden, keine inhaltliche Auseinandersetzung<br />

(Ursachensuche oder Lösungsstrategien) stattfand. Nachdenklich muss auch<br />

stimmen, dass sich das Thema vor allem aufgrund anhaltender (emotionaler) Kon-<br />

ikthaftigkeit (und der hierüber ausgetragenen Ost-West-Be ndlichkeiten) – jenseits<br />

eines sachlichen Aufklärungsziels – in den Medien hielt.<br />

Nichtsdestotrotz muss festgehalten werden, dass die mediale Berichterstattung<br />

durchaus positive Effekte hatte. Ihr kam, weil sie Informationen öffentlich machte,<br />

die sonst nicht bekannt geworden wären, eine herausragende Rolle für die Wahrnehmung<br />

der Probleme zu. Indem Medien ein Sprachrohr auch der Zeugen waren<br />

und externe Akteure integrierten (u. a. indische Botschaft, Wirtschaftsvertreter),<br />

haben sie den politischen Druck auf die Zuständigen erhöht und jenen, die den Fall<br />

zielführend bearbeiten wollten (etwa Amtsrichter, Opferanwälte, Opferberatung,<br />

Mobile Beratung, auch einzelne Bürger), Rückhalt verschafft. Ohne diese Akteure<br />

wäre der „Fall Mügeln“ vermutlich tatsächlich ein „zweites Sebnitz“ geworden –<br />

d. h., man hätte weder einen extrem rechten noch rassistischen Tathintergrund belegen<br />

können.<br />

Die Kritiker der medialen Berichterstattung zeichneten sich dadurch aus, dass<br />

sie prinzipiell die Thematisierung von „<strong>Rechtsextremismus</strong>“ und „fremdenfeindlicher/<br />

rassistischer Gewalt“ ablehnten. Die radikalen Rechten, aber auch lokale<br />

Politik und m.E. die Sächsische Staatsregierung (CDU) behaupteten, dass sich

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