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Edition Rechtsextremismus

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Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt in Brandenburg …<br />

349<br />

Das neue System ermöglicht die Erfassung von politisch motivierter Kriminalität<br />

– rechts (PMK-rechts), auch wenn die Tat nicht explizit eine rechtsextreme<br />

Motivation besitzt. Bei dem neuen De nitionssystem ist es nicht mehr zwingend<br />

erforderlich, dass die Tat die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung<br />

zum Ziel hat oder haben muss. Das reale Ausmaß rassistischer Gewalt<br />

entsprach offenbar nicht den bis dahin gültigen theoretischen Vorannahmen. So<br />

heißt es dann auch folgerichtig im Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des<br />

Innenministeriums und des Justizministeriums aus dem Jahre 2006: „Aufgrund<br />

phänomenologischer Entwicklungsprozesse war eine realitätskonforme Abbildung<br />

des Straftatenaufkommens auf der Basis der am Extremismusbegriff orientierten<br />

Erfassung nicht mehr gewährleistet.“ (BMI & BMJ, 2006, S. 134)<br />

Die neue Denition ist relativ umfassend und erfasst z. B. auch sozialdarwinistisch<br />

motivierte Taten. Gleichwohl bleibt die Erfassung rechtsmotivierter Gewalt<br />

mit erheblichen Problemen verbunden, von denen einige im Folgenden exemplarisch<br />

dargestellt werden.<br />

4 Definition und Wirklichkeit<br />

Für die polizeiliche und juristische Aufarbeitung eines Tatgeschehens sind die detaillierte<br />

Rekonstruktion der Einzeltaten sowie die Zurechnung dieser Taten auf<br />

die jeweiligen Täter von zentraler Bedeutung: Täter können nur dann belangt werden,<br />

wenn ihnen konkrete Taten zweifelsfrei nachzuweisen sind bzw. zugeordnet<br />

werden können. Die Frage der Bewertung der Motivlage gestaltet sich allerdings<br />

schwieriger. Hier können allgemeine politische Motive oder bestimmte Vorurteile,<br />

pauschale Ablehnung einzelner Personengruppen etc., zu scheinbar klar unpolitischen<br />

direkten Tatmotiven hinzukommen. Gerade bei einer sozialwissenschaftlichen<br />

Herangehensweise ist der Blick auf das gesamte Tatgeschehen wichtig,<br />

auch „tatbegleitende“ Motive müssen beachtet werden. Denn die Vorstellung des<br />

Vorliegens eines isolierten tatauslösenden Motivs hat etwas stark vereinfachendes<br />

und „künstliches“: Bei vielen Taten wird eine Überlagerung verschiedener Motive<br />

deutlich, wobei es oft schwer ist, diese klar zu gewichten bzw. ein dominantes<br />

Motiv herauszunden. Handelt es sich z. B. um Raub, wenn man dem Opfer schon<br />

ansehen kann, dass es arm ist? Könnte es bei diesem Verbrechen nicht auch um<br />

Demonstration von Macht und Gewalt, um die Erniedrigung Schwächerer gegangen<br />

sein? Auch wenn das politische Motiv nur nebensächlich scheint, darf es nicht<br />

unterbewertet werden.<br />

Der Begriff „politisch motiviert“ erscheint vor dem Hintergrund vieler realer<br />

Tatabläufe wenig angemessen, da er sich als zu stark oder zu eng erweist. Eine

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