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Edition Rechtsextremismus

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Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

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te auch Behörden des Bundes ein, darunter auch das BfV – gleichzeitig verstrickte<br />

man sich durch die Rekrutierung führender Neonazis als V-Männer indirekt als<br />

Staat mit der Szene.<br />

Die „Interessengemeinschaft“ und später der „Thüringer Heimatschutz“ wurde<br />

ein behördlicher Vorgang und blieb es für viele Jahre. Fast nichts, was die jungen<br />

Thüringer Neonazis in den nächsten Jahren machten, blieb unbemerkt. Die Behörden<br />

betrieben einen gewaltigen Aufwand, um diese Szene aufzuklären – in den<br />

Griff bekam man sie dennoch nicht. Im Gegenteil.<br />

Wettstreit um Informanten – die „Operation Rennsteig“<br />

Im Nachgang der Selbstenttarnung des NSU erinnerten Antifaschisten daran,<br />

wie allein sie bei ihrem Kampf gegen die rechte Gewalt von den Behörden gelassen<br />

worden seien. Niemand habe damals, Mitte der 1990er Jahre, die Gefahr<br />

der rechten Szene erkennen wollen. Das stimmt für zwei der bekannten Mitglieder<br />

des NSU, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, in keinem Fall. Von Beginn<br />

ihrer extremistischen Karriere an gerieten sie in das Visier verschiedener Behörden<br />

– tatsächlich ist erstaunlich, mit welchem großen Aufwand allein der junge<br />

Uwe Böhnhardt von den Behörden beobachtet und verfolgt wurde. Durch sein<br />

Engagement beim „Thüringer Heimatschutz“ wurde er für das BfV, den Thüringer<br />

Verfassungsschutz und das Thüringer LKA interessant. Allerdings verfolgten die<br />

Institutionen bei ihrem Umgang mit Böhnhardt und dem Heimatschutz mitnichten<br />

die gleichen Ziele.<br />

Die „Interessengemeinschaft Thüringer Heimatschutz“ nannte sich bald nur<br />

noch „Thüringer Heimatschutz“. Ambitionen, eine Partei zu werden, hatte man<br />

nicht mehr, Tino Brandt und die anderen verlegten sich stattdessen verstärkt auf<br />

Anti-Antifa-Aktionen. Im Laufe des Jahres 1995 radikalisieren sich der THS und<br />

seine Mitglieder rasant. Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe waren bei<br />

vielen Aktionen des THS dabei – eine wurde auch vom BfV besonders beachtet:<br />

Zum Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges wurde in Rudolstadt, dem<br />

Heimatort von Tino Brandt, eine Gedenkveranstaltung am „Platz der Opfer des<br />

Faschismus“ organisiert. Bereits am Morgen hatten Heimatschü tzer eine Bombenattrappe<br />

vor einem anderen Denkmal in dem Nachbarort Saalfeld abgestellt.<br />

An einem Feuerlöscher waren Drähte und eine Armbanduhr montiert, davor ein<br />

Schild abgestellt: „Vorsicht Sprengarbeiten“. Uwe Mundlos beschrieb die weiteren<br />

Aktionen des Tages später in einem der Briefe, den er an einen Freund im Gefängnis<br />

schrieb:

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