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Edition Rechtsextremismus

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Ein systematisierender Überblick über Entwicklungslinien …<br />

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und Beta = 0.23 im Osten), aber zudem auch ein starker Prädiktor für soziale Desorientierung,<br />

lässt sich vermuten, dass der tatsächliche Einuss von Desintegration<br />

noch erheblich kleiner ist. Die multiple Regression klärt allerdings auch nur 26 %<br />

Varianz der abhängigen Variable ausländerfeindliche Einstellungen auf (17 % in<br />

der West- und 28 % in der Oststichprobe).<br />

Gegen eine einfache Desintegrationsthese spricht auch ein Befund von Sturzbecher<br />

(1997), der empirisch zeigen konnte, dass die Eltern sowohl gewaltbereiter<br />

wie auch fremdenfeindlicher Jugendlicher eine bessere nanzielle Situation<br />

angeben als die von anderen Jugendlichen. Held, Horn, Leiprecht und Marvakis<br />

(1991) und Held, Horn und Marvakis (1996) kommen zu Ergebnissen, die sogar<br />

nahelegen, dass gerade diejenigen Personen höhere Fremdenfeindlichkeit äußern,<br />

die bzgl. Erwerbsarbeit nicht benachteiligt sind. Auch lässt sich in ihren Untersuchungen<br />

kein Zusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und erlebter<br />

gesellschaftlicher Bedrohung und Unzufriedenheit mit der Wohn-, Arbeits- und<br />

Freizeitsituation nachweisen. Daraus folgernd charakterisieren die Autoren <strong>Rechtsextremismus</strong><br />

und Fremdenfeindlichkeit als „Wohlstandschauvinismus“, verbunden<br />

mit einer „Überidentikation mit den ‚deutschen‘ Wirtschaftsinteressen.“<br />

Kritisch gegenüber der Desintegrationstheorie von Heitmeyer und Mitarbeitern<br />

äußert sich auch Birgit Rommelspacher (1992, 1993, 1995). Mit dem von ihr<br />

geprägten Konzept der Dominanzkultur versucht Rommelspacher grundlegende<br />

Widersprüche, die die Dynamik moderner Gesellschaften bestimmen, zu erklären.<br />

Wesentliches Merkmal dieser Widersprüche scheint die Dialektik zwischen<br />

egalitären und demokratischen Konzepten und Bestrebungen einerseits und Dominanzansprüchen<br />

in Folge ethnischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Leistungsfähigkeit<br />

oder sexueller Orientierung andererseits zu sein. Die jeweiligen<br />

Dominanzansprüche werden durch hierarchische Gesellschaftsstrukturen gefördert<br />

und reproduziert. Der <strong>Rechtsextremismus</strong> gehöre dabei zu den radikalisierten<br />

und politisierten Formen, besagten Widerspruch einseitig zugunsten zunehmender<br />

Hierarchisierung, also durch ideologisch begründete Dominanz ausgewählter<br />

sozialer Gruppierungen gegenüber anderen Gruppierungen, zu lösen. 8 Mit dieser<br />

Auffassung wendet sich Rommelspacher explizit gegen sozialwissenschaftliche<br />

Analysen, in denen ausschließlich nach intrapsychischen und/oder sozialen Kon-<br />

ikten bzw. ökonomischen Benachteiligungen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft<br />

als Ursachen für <strong>Rechtsextremismus</strong> gefahndet wird. Auch Heitmeyers Arbeiten<br />

stehen somit im Fokus ihrer Kritik.<br />

8 Ähnliche Prozesse werden auch in der Theorie der sozialen Dominanz (Sidanius &<br />

Pratto, 1999) beschrieben, auf die später noch eingegangen wird.

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