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Edition Rechtsextremismus

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228 Dirk Laabs<br />

Amt von allen Landesämtern für Verfassungsschutz ebenfalls Informationen, um<br />

die potenzielle Gefahr koordiniert bekämpfen zu können. Dazu gehörten auch Berichte<br />

der V-Personen, die von den Landesämtern geworben worden waren. Die<br />

Mitarbeiter des BfV hatten so Zugriff auf eine sehr große Zahl von Spitzeln und<br />

Informanten, die auch über die späteren Mitglieder des NSU berichteten. Warum<br />

genau dieses Wissen nicht reichte oder nicht genutzt werden konnte, um den NSU<br />

zu stoppen, ist ungeklärt. Eine gängige Erklärung, „die Behörden“ seien allesamt<br />

auf dem „rechten Auge“ blind gewesen, gilt für das BfV keinesfalls.<br />

Rechter Terror wurde antizipiert und für möglich gehalten<br />

Nach spektakulären Terroranschlägen ist es nicht ungewöhnlich, dass eine Lesart<br />

von interessierter Seite lanciert wird, die in etwa besagt, „diese Tat war unvorstellbar“,<br />

„niemand konnte das voraussehen“. Nach den Anschlägen vom 11. September<br />

2001 wurde diese Sichtweise beispielsweise kolportiert, doch bald stellte sich<br />

heraus, dass die Pläne – Flugzeuge als Waffen einzusetzen – der CIA seit Jahren<br />

bekannt waren. Auch als nach der sogenannten Selbstenttarnung des NSU öffentlich<br />

wurde, wie die rechten Terroristen gemordet hatten, hieß es von staatlicher<br />

Seite vorschnell, diese Art von Terror – gezielte Morde, ausgeführt wie Hinrichtungen<br />

– habe man sich nicht vorstellen können. Diese Sicht wurde von den Kritikern<br />

der Behörden dankbar aufgegriffen – der Sicherheitsapparat habe in Gänze<br />

versagt. Insbesondere der ermittelnden Kriminalpolizei wurde von verschiedenen<br />

Seiten vorgeworfen, bei der Mordserie an Migranten nicht an rechtsradikale Täter<br />

gedacht zu haben, Nazis diese Taten nicht zugetraut zu haben. Diese Sichtweise<br />

überlagerte auch die Bewertung der Arbeit des zuständigen Inlandsgeheimdienstes,<br />

des BfV. Die Rede war davon, das BfV habe analytisch versagt, die Bedrohung<br />

nicht erkannt. Tatsächlich ist noch lange nicht abschließend geklärt, was das BfV<br />

wann über den rechten Terror im neuen Jahrtausend wusste und an welcher Stelle<br />

tatsächlich die entscheidenden Fehler gemacht wurden, wann und ob das Wissen<br />

oder die Analyse nicht weit genug reichte.<br />

Den entscheidenden Akteuren innerhalb des BfV war bewusst, dass es in den<br />

1970er Jahren bis hin zum Oktoberfestattentat 1980 diverse Anschläge durch<br />

verschiedene rechtsradikale Gruppen gegeben hat. Noch 1981 war eine rechte<br />

Terrorgruppe aktiv. Ende der 1980er Jahren kamen einige der Akteure dieser<br />

Terrorphase frei. Das BfV konnte also nicht davon ausgehen, dass es nie wieder<br />

rechtsextremistisch motivierte Anschläge in Deutschland geben würde. An diese<br />

Erkenntnis knüpfte auch die neue Generation des BfV um Lothar Lingen an, wie<br />

er vor dem Ausschuss des Bundestages erklärte.

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