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Edition Rechtsextremismus

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354 Dorina Feldmann, Christoph Kopke und Gebhard Schultz<br />

Herr B. kann anschaulich beschreiben, wie sehr es ihm gefallen hat, als er bemerkte,<br />

dass andere Menschen Angst bekamen, dass sie (die Gruppe) machen konnten, was<br />

sie wollten und niemand in der Lage war, sie aufzuhalten. Er fühlte sich zum ersten<br />

Mal in seinem Leben anerkannt, so akzeptiert wie er war und in einem Verbund<br />

aufgenommen, der die familiären Bedürfnisse befriedigte. Er hatte die Opfergruppe<br />

verlassen und war Mitglied einer Tätergruppe geworden.“<br />

5 Zusammenfassung<br />

Gegenüber den älteren an „Staatsschutz“ und „Extremismus“ orientierten De -<br />

nitionsansätzen politischer Gewalt bzw. Kriminalität und den entsprechenden<br />

polizeilichen Erfassungssystemen stellt das Denitionssystem Politisch motivierte<br />

Kriminalität (PMK) unzweifelhaft eine deutliche Verbesserung dar. Gleichwohl<br />

stellt das Erkennen entsprechender Motivlagen bzw. Relevanzen weiterhin erhebliche<br />

Anforderungen an die Analysekompetenz der Polizei. Der Themenkomplex<br />

PMK sollte somit in der Aus- und Fortbildung gebührend berücksichtigt werden.<br />

Grundsätzlich sollte aber das polizeiliche Erfassungssystem nicht überbewertet<br />

und mit Erwartungen überfrachtet werden. Es handelt sich um eine polizeiliche<br />

Ersteinschätzung (Eingangsstatistik). Insofern sollte eine Einstufung einer Tat als<br />

PMK-Tat eben noch kein Ausdruck einer „staatlichen Anerkennung“ sein oder so<br />

gewertet werden. 15<br />

Es hat sich bei unserer Untersuchung allerdings gezeigt, dass Einstellungen,<br />

Ideologien und Ideologiefragmente auch dann berücksichtigt werden müssen,<br />

wenn sie die Tat eher nur begleiten und nicht konsistent greifbar sind, weil sie<br />

trotzdem mögliche Einussfaktoren auf (Gewalt-)Handeln darstellen.<br />

Es zeigte sich z. B. in mehreren Fällen, dass trotz Zugehörigkeit zu einem anscheinend<br />

gleichen Milieu doch „Ideologien der Ungleichwertigkeit“ wirksam<br />

werden können, dass sich einzelne Individuen durch Herabwertung anderer, vermeintlich<br />

oder tatsächlich sozial noch schwächerer Personen aufwerten und dies<br />

zur „Begründung“ für gewalttätiges Verhalten dient.<br />

In anderen Fällen wurde deutlich, wie die in den 1990er Jahren omnipräsente<br />

rechtsextreme Jugendkultur auch auf nicht-rechte Jugendliche ausstrahlte. So wur-<br />

15 Die Gleichsetzung einer PMK-Einstufung mit staatlicher Anerkennung ist in der Literatur<br />

verbreitet vorzufinden. Allerdings zeigt die gelegentliche Praxis nachträglicher<br />

Einstufungen, dass die PMK-Statistik doch keine reine Eingangsstatistik ist. Hier sollte<br />

über alternative Verfahren nachgedacht werden, um eine angemessene staatliche<br />

Dokumentation von vorurteilsgeleiteten und politisch motivierten Straftaten zu gewährleisten<br />

(vgl. auch Fussnote 8).

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