05.01.2016 Views

Edition Rechtsextremismus

75dwIuZct

75dwIuZct

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

239<br />

öffentlichen Druck stand, wurde von Seiten der LKA-Leitung oftmals die Ermittlungstaktik<br />

über den Haufen geworfen – ohne Konzept und oftmals Anlass wurden<br />

bei Mitgliedern des „Heimatschutzes“ Hausdurchsuchungen durchgeführt. Man<br />

wollte um jeden Preis der Presse Ermittlungserfolge und beschlagnahmte Gegenstände<br />

präsentieren. Auch als Reaktion auf diese Durchsuchungen verschärfte der<br />

„Thüringer Heimatschutz“ und hier insbesondere die „Kameradschaft Jena“ ihren<br />

Kampf. Briefbombenattrappen wurden Anfang 1997 an verschiedene Behörden in<br />

Thüringen verschickt, weitere Bombenattrappen tauchten in der Stadt auf, schließlich<br />

wurden in einer Attrappe einige Gramm TNT gefunden. Das LKA ermittelte,<br />

zum Teil mit neuem Personal, weiter, und stieß abermals auf Hinweise, die Uwe<br />

Böhnhardt belasteten. Man hatte bald genügend Beweise, um Böhnhardt für lange<br />

Zeit ins Gefängnis zu bringen.<br />

Doch zu der Geschichte der Auseinandersetzung der Behörden mit dem NSU<br />

und seinen Vorläufern gehört auch, dass verschiedene Ebenen der Justiz ebenfalls<br />

versagten. Obwohl klare Hinweise von Ermittlern der Polizei zusammengetragen<br />

worden sind, dass die Kameradschaft Jena und der „Thüringer Heimatschutz“ zusammengehörten,<br />

wurden die Ermittlungen in Sachen der verschiedenen Bombenattrappen<br />

und die gegen den THS nicht gebündelt. Die Ermittlungen liefen<br />

nebeneinander her. Der zuständige Staatsanwalt erkannte die Zusammenhänge<br />

und Strukturen nicht oder wollte sie nicht erkennen. Ende 1997 hatten sich genug<br />

Beweise angesammelt, die gereicht hätten, ein Verfahren gegen den THS als kriminelle<br />

oder terroristische Vereinigung zu eröffnen. So sagt der Staatsanwalt Gerd<br />

Michael Schultz vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Berlin:<br />

„Wir konnten am Ende nach diversen Maßnahmen wie Beobachtungen, Observationen<br />

letzten Endes keinen Beweis dafür erbringen, keine konkreten Beweise, dass<br />

eine Vereinigung, der „Thüringer Heimatschutz“ oder die Kameradschaft oder wer<br />

auch immer, gegründet worden wäre mit dem Zweck, Straftaten zu begehen. Zwar<br />

haben einzelne Mitglieder oder einzelne Leute, die wir den Vereinigungen zuordnen,<br />

alleine oder gemeinsam Straftaten begangen. Aber dass diese Vereinigung jetzt zu<br />

dem Zwecke gegründet worden war, Straftaten zu begehen, haben wir nicht feststellen<br />

können. Es gab öfter mal Beobachtungen, dass im Wald Kriegsspiele veranstaltet<br />

wurden oder öfter mal Treffen von Rechten waren, aber unterm Strich hatten wir<br />

keine Personen. Zum Beispiel bei diesen Kriegsspielen im Wald hatten wir keine<br />

Namen.“ 6<br />

6 Aussage von Gerd Michael Schultz in der 49. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses<br />

des Bundestages am 17.01.2013.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!