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Edition Rechtsextremismus

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226 Dirk Laabs<br />

der Mauer, besuchte diverse Neonazi-Konzerte, verprügelte andere Jugendliche.<br />

Noch vor seiner Bundeswehrzeit lernte Mundlos ältere Skinheads aus Chemnitz in<br />

Sachsen kennen. Die Skinheads waren als besonders brutal bekannt, in den Jahren<br />

1991, 1992 schienen sie machen zu können, was sie wollen, sie griffen Discotheken<br />

und Flüchtlingsheime an, diverse Anzeigen verliefen im Nichts. Doch 1993 griffen<br />

Polizei und Justiz schließlich durch, einige von Mundlos‘ Freunden wurden zu<br />

mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Uwe Mundlos schickte ihnen Briefe ins Gefängnis,<br />

während er selber weiter durchs Land reiste und andere Neonazis kennenlernte<br />

– wie eben jenen Thomas Richter alias Corelli. In seinem Leben sollte Uwe<br />

Mundlos ständig auf Spitzel verschiedener Verfassungsschutzbehörden treffen, die<br />

dann über ihn berichteten.<br />

Das BfV war nicht auf dem rechten Augen blind<br />

Als Mitarbeiter des BfV 1995 zum ersten Mal von Uwe Mundlos hörten, bearbeitete<br />

das Amt die rechtsextremistische Szene in Ost-Deutschland bereits seit einigen<br />

Jahren intensiv. Mit einer kurzen Verzögerung hatte das BfV auf die rechtsextremistischen<br />

Pogrome, die Angriffe auf Migranten und Andersdenkende reagiert,<br />

die seit 1990 zum deutschen Alltag gehörten. Die für die innere Sicherheit zuständigen<br />

Akteure verstanden, dass man der organisierten, rechten Gewalt etwas<br />

entgegensetzen musste – im Westen wie im Osten. Man entschied sich für einen<br />

klassischen nachrichtendienstlichen Ansatz: das BfV gründete eine neue Abteilung,<br />

die vor allem Informanten in der Szene rekrutieren wollte, man wollte sich so<br />

einen Überblick verschaffen – wie organisiert liefen die Angriffe auf Flüchtlingsheime<br />

ab? Es ging um Aufklärung, nicht notgedrungen um die Unterbindung der<br />

Straftaten, die aus der Szene heraus begangen wurden. Die Führung des Amtes rekrutierte<br />

für diese Aufgabe in den folgenden Jahren junge Mitarbeiter – man warb<br />

sie von Landesämtern für Verfassungsschutz ab oder stellte sie neu an, bildete<br />

sie dann in Kompaktkursen aus. Darunter waren Bewerber, die gerade die Schule<br />

beendet hatten. Sehr junge und unerfahrene Agenten sollten also eine Szene aufklären,<br />

die sich dadurch auszeichnete, dass die Mitglieder, Mitläufer und Mitgerissenen<br />

ebenfalls blutjung waren – schon 15-jährige begingen schwere Straftaten,<br />

überelen Migranten, verprügelten den „politischen Gegner“ oder warfen Brand-<br />

aschen auf Flüchtlingsheime.<br />

Die Rekruten des BfV wurden von einem jungen Chef geführt, damals gerade<br />

34 Jahre alt, der vom Amt den Tarnnamen Lothar Lingen bekam. Vor dem NSU-<br />

Untersuchungsausschuss des Bundestages beschrieb Lingen seine Motivation. Vor<br />

allem die Angriffe auf Flüchtlingsheime hätten ihn aufgeschreckt.

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