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Edition Rechtsextremismus

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216 Heike Würstl<br />

gekehrten systemskeptischen Haltung auszugehen. Nach der „Wende“ bricht das<br />

Herkunftsmilieu der Eltern weg. Damit entfällt für Uwe Böhnhardt die privilegierte<br />

Chance, im Milieu der sozialistischen Elite zu verbleiben. Das sozialistische<br />

Establishment rekrutierte sich ab Mitte/Ende der 1960er Jahre zunehmend aus<br />

sich selbst (vgl. Geißler, 2008, S. 289).<br />

Als Letztgeborenen kommt Uwe Böhnhardt in seiner Herkunftsfamilie die<br />

Position des Benjamins zu, der von hohen Erwartungen der Eltern weitgehend verschont<br />

bleibt und verwöhnt wird. Aufgrund des großen Altersabstands zu seinen<br />

Brüdern wächst er eher als ein Einzelkind auf. Die Geschwister sind für ihn weder<br />

Spielkameraden noch Konkurrenten, sondern tendenziell Identikations- und Bezugspersonen.<br />

3 Lebenslauf<br />

3.1 Kindheit<br />

Uwe Böhnhardt wird 1984 im Alter von sechs Jahren eingeschult. 1988 stirbt der<br />

mittlere Sohn von Familie Böhnhardt unter vermutlich ungeklärten Todesumständen.<br />

Böhnhardt bleibt in der siebenten Klasse sitzen und muss sie wiederholen.<br />

Ab 1992, da ist er 14 Jahre alt, fällt er zunächst mit kleinkriminellen Handlungen<br />

auf. Er beginnt die Schule zu schwänzen. Im Frühjahr 1992 kommt er für wenige<br />

Wochen ins Kinderheim, wird aufgrund fortgesetzter Devianz jedoch wieder nach<br />

Hause geschickt. Nachdem er in der achten Klasse erneut sitzen bleibt, wechselt er<br />

auf eine Lernförderschule. 1993 kommt er zum ersten Mal in Untersuchungshaft.<br />

Bis zum Alter von zehn Jahren verläuft das Leben von Böhnhardt unauffällig.<br />

Er wird altersgerecht mit sechs Jahren eingeschult, so dass von einem normalen<br />

Entwicklungsstand auszugehen ist. Die Polytechnische Oberschule (POS) stellt<br />

im zweigliedrigen DDR-Schulsystem den Normalfall dar. Die beiden wichtigsten<br />

Charakteristika dieser Schulform sind eine starke ideologische Erziehung im<br />

Sinne eines Freund-Feind-Schemas zwischen „sozialistischen Bruderstaaten“ und<br />

„kapitalistischen Klassenfeinden“. Das zweite Merkmal ist die Fokussierung auf<br />

naturwissenschaftliche Lehrinhalte, die für gut ausgebildete Arbeitskräfte im<br />

Arbeiter- und Bauernstaat sorgt. Mit dem Besuch der POS stehen Böhnhardt in<br />

der DDR alle Bildungswege offen.<br />

1988 gibt es mit dem Tod seines Bruders einen gravierenden Einschnitt in seinem<br />

Leben. Peter Böhnhardt, der mittlere der drei Geschwister, wird morgens tot<br />

vor der Haustür der elterlichen Wohnung aufgefunden. Die genauen Todesumstände<br />

gelten als nicht aufgeklärt. Todesursache ist eine Unterkühlung. Entscheidend

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