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Edition Rechtsextremismus

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248 Dirk Laabs<br />

schon umgedacht, sagte der Mitarbeiter vom Bundesamt laut Protokoll: „Er verweist<br />

darauf, dass die seit Jahren von den Verfassungsschutzbehörden benutzte<br />

Denition des Terrorismus weder eine zielgerichtete Vereinigung von mindestens<br />

drei Personen noch ein Agieren aus dem Untergrund mit entsprechender Logistik<br />

und Unterstützerszene zwingend voraussetze. Vor diesem Hintergrund sehe das<br />

BfV in der jüngeren Entwicklung Ansätze für einen Rechtsterrorismus.“ Die anderen<br />

Teilnehmer stimmten nicht überein: „Demgegenüber sind die Vertreter der<br />

LKÄ und des GBA gegen eine darin gesehene Ausweitung der bisherigen De nition<br />

des Rechtsterrorismus. Diese müsse sich – gerade auch wegen der Wirkung<br />

auf die Öffentlichkeit – am Begriff der terroristischen Vereinigung im Sinne des §<br />

129 a StGB orientieren. Ansonsten werde es zu vermeidbaren und kaum lösbaren<br />

Abgrenzungsproblemen kommen.“<br />

Mit anderen Worten: Die Landeskriminalämter und die Bundesanwaltschaft<br />

hatten Angst vor der schlechten Presse. Rechter Terror sollte tabu bleiben. Der<br />

Chef der Staatsschutzabteilung des BKA hatte zwar dafür Verständnis, „dass die<br />

VS-Behörden bei ihrer Bewertung nicht nur die bisherige Rechtsprechung ..., sondern<br />

auch eine phänomenologische Sicht unter Einbeziehung der herausragenden<br />

Fälle (terroristischer) Einzeltäter in Österreich (Briefbombenversender Fuchs) und<br />

den USA (UNA-Bomber) einbeziehen.“ Und der Mann vom BKA betont zudem<br />

selber, dass bestimmte „fremdenfeindliche Gewalttaten“ auf „ausländische Mitbürger“,<br />

„ängstigend“ und „terrorisierend“ wirken. Dennoch: Auch das BKA hielt<br />

es nicht für nötig, die Gesetze und damit die Terrorismus-De nition zu reformieren.<br />

Also hieß es im Protokoll: „Ergebnis: Die Vertreter … stellen übereinstimmend<br />

fest, dass derzeit kein Rechtsterrorismus in Deutschland feststellbar ist.“<br />

Die wichtigsten Akteure des deutschen Sicherheitsapparats standen an diesem<br />

Tag in Eisenach an einem möglichen Wendepunkt – und entschlossen sich dennoch<br />

weiterzumachen wie bisher, obwohl die Hinweise, dass der rechte Terrorismus<br />

nicht mit der RAF zu vergleichen war, immer offensichtlicher wurden. Die<br />

bekannte Kleingruppe von militanten Neonazis, wie eben die Drillinge aus Jena,<br />

hätte genau in das neu denierte Raster gepasst. Sie hatte sich zwar in den Untergrund<br />

begeben, lebte illegal in Chemnitz, hatte dabei aber engen Kontakt zu bekannten<br />

rechten Akteuren und keinen Zugriff auf professionell gefälschte Papiere<br />

wie etwa die RAF. Die Drillinge lebten bei weitem nicht so „tief“ im Untergrund<br />

wie die Terroristen der RAF. Man hätte die Drillinge und ihre Unterstützer mit<br />

noch mehr Argwohn verfolgen können und müssen. Dass man das beim BfV entgegen<br />

der Aussage diverser Mitarbeiter des BfV nicht dennoch gemacht hat, ist<br />

allerdings noch nicht abschließend geklärt.

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