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Edition Rechtsextremismus

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Lachen gegen den Ungeist?<br />

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muss, um dem Plot folgen zu können. Dass beim Publikum eine aktive Rolle anzunehmen<br />

ist, es sich auf die Kollision von Wissen einlassen muss, ist eine Grundbedingung<br />

zur Erfüllung der satirischen Funktion des Kabaretts.<br />

An dieser Stelle ist kein Platz für eine detaillierte Auseinandersetzung mit<br />

(linguistischen) Theorien des Humors, zwei relevante Ansätze sollen aber kurz<br />

erwähnt sein. Schubert (2014) nennt „zwei wesentliche linguistische Ansätze der<br />

Humortheorie“, die sich wiederum beide in den allgemeinen Ansatz der Inkongruenz-Theorie,<br />

bzw. Incongruity Theory, einordnen lassen: 1) Semantische Skript-<br />

Theorie des Humors (Semantic Script Theory of Humour) (vgl. Raskin, 1985), 2)<br />

Allgemeine Theorie verbalen Humors (General Theory of Verbal Humour) (vgl.<br />

Attardo, 2001, 2008). Raskins Theorie beruht auf der Annahme, dass zur Entstehung<br />

von Humor zwei (oder bei mehreren Ebenen auch mehr) mentale Skripte für<br />

Rezipienten unerwartet miteinander kombiniert werden, sodass eine Inkongruenz<br />

entsteht, die vom Rezipienten gelöst werden muss. Hier spielt das politische Wissen<br />

des Publikums an einem Kabarettabend eine bedeutende Rolle, da Skripte<br />

durch Andeutungen, Identi kationsvokabeln, Argumentationsmuster und Diskursthematisierungen<br />

getriggert werden. Das Beispiel von Volker Pispers zu den<br />

rassistischen Morden des „NSU“ zeigt, wie mit sprachlich realisierter Argumentation<br />

metasprachlich auf die Argumentation in anderen politischen Kontexten angespielt<br />

wird. Allerdings kommt das Kabarettpublikum mit gewissen Erwartungen<br />

zur Vorstellung bzw. die Kabarettsendung wird mit solchen rezipiert, sodass<br />

das Publikum in kognitiver „Alarmbereitschaft“ und auf der Suche nach Inkongruenzen,<br />

Pointen und politischer Zeitkritik ist. Attardos Ansatz, die allgemeine<br />

Theorie verbalen Humors, ist eine Weiterentwicklung der Theorie Raskins und<br />

ist „nicht nur auf ausformulierte Witze, sondern auch auf andere humoristische<br />

Texte […] anwendbar“ und bietet „ein recht umfassendes Instrumentarium“ an<br />

(Schubert, 2014), wenn es um die Analyse „humorvoller Kommunikationsakt[e]“<br />

geht. Attardos Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie Kriterien bzw. Gesichtspunkte<br />

nennt, mittels derer verbaler Humor betrachtet werden kann: Ausgehend<br />

von einer möglichen Skriptopposition (1) und dem logischen Mechanismus, der<br />

die Inkongruenz entstehen lässt (2), über die Opfergruppe (3) und die narrative<br />

Strategie (4), hin zur sprachlichen Realisierung (5) und den Situationsparametern<br />

(6) (vgl. Schubert, 2014). Für Politisches Kabarett wurde hier zu den Kriterien 3<br />

und 6 schon Relevantes ausgeführt, die Gesichtspunkte 1, 2, 4 und 5 werden nun<br />

exemplarisch gefüllt.

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