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Edition Rechtsextremismus

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Der Verfassungsschutz und der NSU<br />

227<br />

„Ich hatte also am Thema <strong>Rechtsextremismus</strong> deshalb großes Interesse, weil ich<br />

einen Beitrag damals, Anfang der 90er-Jahre, leisten wollte zur Bekämpfung des<br />

<strong>Rechtsextremismus</strong>. Mag sich vielleicht ein bisschen pathetisch anhören, aber die<br />

Tatsache, dass ich hier eingesetzt war in der sehr gesellschaftsrelevanten Bekämpfung<br />

des <strong>Rechtsextremismus</strong>, war mir stets auch eine große Ehre.“ 2<br />

Das BfV wurde damals von Eckart Werthebach als Präsident geführt, der das<br />

Amt wieder stärken wollte, nachdem es vor allem von Agenten des Ministeriums<br />

für Staatssicherheit der DDR unterwandert und vorgeführt worden war. Als der<br />

Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von der RAF entfü hrt wurde, hatte<br />

Werthebach in einem Krisenstab des Innenministeriums gearbeitet. Ihn frustrierte<br />

damals, dass eine kleine Zahl von Terroristen die Regierungsgeschäfte nahezu<br />

zum Erliegen bringen konnte. Sein Rezept um Terrorismus in Zukunft wirkungsvoller<br />

bekämpfen zu können: mehr und bessere menschliche Quellen zu „werben“,<br />

ankiert von wirkungsvolleren technischen Abhörmethoden. Daran hielte sich<br />

auch die Abteilung von Lingen, wie er dem NSU-Ausschuss in Berlin erklärte:<br />

„Ich habe mich damals fü r den Bereich Beschaffung beworben, weil dort – natü rlich,<br />

klar – ein Referatsleiter gesucht wurde und mich auch die Aufgabe gereizt hat, eben<br />

V-Leute anzuwerben, um von ihnen Informationen zu bekommen. Das war damals<br />

fü r mich Neuland, der ich fü nf Jahre in der Auswertung gesessen habe. Wir haben<br />

damals einen sehr großen Personalkörper gehabt. Wir hatten zwei ausgeprägt große<br />

Werbungsreferate, und die Politik unserer Amtsleitung ging dahin, zunächst mal Informationen<br />

zu beschaffen, und das in der Breite, um dann später den Auswertungsbereich<br />

zu stärken. Die Abteilung 2 ist da innerhalb eines Jahres, anderthalb Jahren<br />

um das Doppelte gewachsen.“<br />

Die „Beschaffer“ in den „Werbungsreferaten“ rekrutierten die Informanten, die<br />

von V-Mann-Führern abgeschöpft wurden; am Ende der Kette standen – und stehen<br />

bis heute – die „Auswerter“, sprich die Analysten des BfV. Sie werteten über<br />

Jahre zig Berichte von Informanten aus, lasen Skinzines und die Protokolle von<br />

Abhör- und Observationsmaßnahmen, vergaben neue Aufträge zur Informationsbeschaffung.<br />

Nicht zuletzt durch das systematische Auswerten von Polizeiinformationen<br />

sammelten die BfV-Analysten einen riesigen Informationsschatz über<br />

die rechtsextremistische Szene in Deutschland an. Da das BfV immer dann zuständig<br />

ist, wenn rechte Gruppen überregional extremistisch tätig werden oder<br />

wenn sie sich zu einer terroristischen Vereinigung entwickeln könnten, bekam das<br />

2 Alle Zitate aus dem Protokoll der Aussage „Lothar Lingens“ vor dem NSU-<br />

Untersuchungsausschuss des Bundestags, 5. Juli 2012.

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