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Edition Rechtsextremismus

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Prozesse und Strukturen der Verfassungsschutzämter nach dem NSU<br />

273<br />

Wie der Harms-Bericht in Sachsen fordert, muss die „Identikation von Deziten<br />

bei Wissen und Befähigung der Mitarbeiter und die Anpassung des Personalkörpers<br />

an die steigenden Herausforderungen des dienstlichen Alltags […] stärker als<br />

bislang als Führungsaufgabe begriffen und wahrgenommen werden.“ (Harms et<br />

al., 2013, S. 44). Berufsanfänger und Quereinsteiger sind zeitnah und umfassend<br />

zu qualizieren. Es muss der Grundsatz gelten: „Erst ausbilden, dann einsetzen“<br />

(Harms et al., 2013, S. 45). Aber welcher Politiker möchte im Moment mit der<br />

Forderung in Verbindung gebracht werden, den Verfassungsschutz personell und<br />

materiell zu stärken?<br />

II. Informierte, aufgeklärte und demokratische Bürgerinnen und Bürger treten<br />

für die Demokratie und gegen ihre Gegner ein und tragen so dazu bei, unsere Demokratie<br />

und ihre Grundwerte zu schützen und zu stärken. In diesem Sinne sind<br />

aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger das Fundament einer demokratischen Kultur<br />

und so der beste Verfassungsschutz. Was Verfassungsschutzämter zu diesem Fundament<br />

beitragen sollen und können muss politisch entschieden und gesellschaftlich<br />

akzeptiert werden.<br />

Es bestehen unterschiedliche Handlungslogiken in den für die hier verhandelte<br />

Frage relevanten Bereichen: Politik, Öffentlichkeit, Presse, Verwaltung (hier: Verfassungsschutz).<br />

Diese gilt es herauszuarbeiten und in die Debatte einzubeziehen.<br />

Das Phänomen <strong>Rechtsextremismus</strong>, das ein gesellschaftliches und kein primär<br />

juristisches Problem ist, kann als solches nur gemeinsam nachhaltig bekämpft<br />

werden. Den Verfassungsschutzämtern kann hier eine wichtige Rolle zukommen,<br />

wenn die oben diskutierten Problemlagen offen angegangen und gelöst werden.<br />

Zu denken gibt hier jedoch die Äußerung eines aktiven Verfassungsschutz-Mitarbeiters:<br />

„‘Ich bin zum Verfassungsschutz gegangen, weil ich etwas gegen Nazis tun wollte‘,<br />

sagt der Mann, der nur am Telefon sprechen möchte […] Umso überraschender wirkt<br />

seine Resignation: ‚Wenn ich die Jahre in eine NGO gegen Rechts investiert hätte,<br />

hätte ich wohl mehr erreicht‘“ (Musharbash, 2013).<br />

Abschließend bleibt festzuhalten:<br />

1. Die Ämter für Verfassungsschutz stehen nach Bekanntwerden des NSU unter<br />

erheblichem Reformdruck.<br />

2. Bisher ist jedoch keine neue Qualität im professionellen Handeln bzw. der Auswertung<br />

des <strong>Rechtsextremismus</strong> zu erkennen.<br />

3. Zentral ist in diesem Zusammenhang das Personal. Nach wie vor gibt es jedoch<br />

weder auf der Arbeits- geschweige denn auf der Leitungsebene den systema-

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