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Edition Rechtsextremismus

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466 Wolfgang Beutel et al.<br />

kum totalitärer Ideologien, machen sich in ganz neuen Formen breit. Damit einher<br />

gehen bei radikalisierten Schülergruppen die beredt vorgetragene Ablehnung von<br />

Demokratie als politischer Ordnung und Lebensform sowie die Rechtfertigung<br />

von Terror und Massenmord. Ein Zwölfjähriger beispielsweise wirbt auf seiner<br />

Facebookseite für den Islamistischen Staat (IS).<br />

Was wir derzeit in den Metropolen beobachten, stellt die Demokratiepädagogik<br />

vor ganz neue Herausforderungen. Schulgemeinschaften geraten in Aufruhr. Ein<br />

sich religiös wähnendes Mobbing greift um sich. Die Abwehrreaktionen lassen<br />

nicht auf sich warten. Der innere Frieden der Schule steht auf dem Spiel, und die<br />

Hilosigkeit staatlicher Instanzen ist offenkundig, zumal die Auseinandersetzung<br />

bereits manche Grundschulen erfasst. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung<br />

steht die Demokratiepädagogik vor einer neuen Herausforderung. Sie muss ihren<br />

blinden Fleck bezüglich der innergesellschaftlichen Widerspruchsentwicklung<br />

überwinden und präventive, aber auch interventive Konzepte zur Abwehr von<br />

Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit entwickeln – darin liegt eine ihrer<br />

zentralen Zukunftsaufgaben.<br />

2 Demokratiekompetenz, Sozialisationsforschung<br />

und Demokratiepädagogik<br />

Gerade weil die Schule von allen Heranwachsenden besucht wird, bietet sie die<br />

beste Lernumgebung zur Einübung in demokratische Praktiken. Allerdings zeigt<br />

sich, dass hier in den Bildungseinrichtungen selbst noch erhebliche Lernbedarfe<br />

bestehen. Denn wenn sich Jugendliche aus religiösen Erwägungen selbstbewusst<br />

gegen demokratische Lebensformen aussprechen, ist das auch ein Indiz dafür, dass<br />

die Internalisierung demokratischer Grundwerte durch politische Bildung alleine<br />

keineswegs gesichert wird (a). Demokratie-Lernen erfordert vielmehr ein institutionelles<br />

Curriculum, das von Anfang an (b) auf Gelegenheiten zur Teilhabe und<br />

Mitwirkung setzt (c) und damit Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bietet,<br />

aktiv „Demokratiekompetenz“ (d) zu entwickeln.<br />

(a) Grenzen der Mündigkeit: Im Fall der Schülerin, die aus Glaubensgründen demokratische<br />

Lebensformen ablehnt, stellt sich die Frage, ob man ihr aufgrund ihrer<br />

religiösen Überzeugung die „Mündigkeit“ absprechen darf. Immerhin artikuliert<br />

sie selbstbewusst ihren eigenen Willen, indem sie auf Wertvorstellungen einer Religionsgemeinschaft<br />

verweist, an denen sie sich moralisch-praktisch orientiert – und<br />

sie agiert auch nicht menschenfeindlich, da sie Andersgläubige weder diskriminiert<br />

noch zur Gewalt gegen diese aufruft. Herausfordernd ist jedoch, dass sie sich in<br />

ihrer Glaubensüberzeugung so entschieden auch vom westlichen „democratic way

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