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Edition Rechtsextremismus

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Demokratiepädagogik als präventionswirksame Idee<br />

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In der sozialkognitiven Sozialisationsforschung ist dieses Phänomen seit langem<br />

bekannt. Überall dort, wo Kinder herausgefordert werden, in eigener Verantwortung<br />

ihre Angelegenheiten zu regeln, entwickeln sie ihre eigenen Normen und<br />

Umgangsformen. Die Regeln, die dabei entstehen, sind keineswegs beliebig. Wenn<br />

die Kinder nämlich längerfristiger miteinander auskommen, spielen, kooperieren<br />

und kommunizieren wollen, dann müssen sich ihre gegenseitigen Abmachungen<br />

in ihrer konkreten Interaktionspraxis auch bewähren (Krappmann, 1994). Dort<br />

wo dies nicht der Fall ist, kommt es zu Kon ikten – und das kommt durchaus<br />

häuger vor, weil es den Jüngeren schwer fällt, Absprachen auf Gegenseitigkeit zu<br />

prüfen. In Anlehnung an Lawrence Kohlberg lässt sich sagen, dass ihr kindliches<br />

Regelverständnis noch nicht konventionell stabilisiert ist (Kohlberg, 1996). Die<br />

pädagogische Aufgabe besteht in diesen Fällen darin, die Störung im Verständigungsprozess<br />

zu bearbeiten und die Kinder darin zu unterstützen, Lösungen zu<br />

nden, die für alle verträglich sind. Es spricht nichts dagegen, damit so früh wie<br />

möglich zu beginnen.<br />

(c) Institutionalisierte Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme: Lerngruppen,<br />

die über längere Zeiträume miteinander verträglich auskommen müssen,<br />

protieren davon, wenn die sich entwickelnden sozialkognitiven und moralischen<br />

Fähigkeiten auch institutionell abgesichert sind und die Kinder die Formen kennen,<br />

die ihre Einbeziehung stärken und ihre Mitbeteiligung fördern. Mit anderen<br />

Worten: Je früher Kinder in Kindertagesstätten und Grundschulen in demokratische<br />

Praktiken hinein sozialisiert werden, desto selbstverständlicher und normaler<br />

erscheinen ihnen demokratische Lebensformen. Wie das funktioniert, lässt sich<br />

anhand vielfältiger Beispiele aus der Schulpraxis erläutern: Im morgendlichen Gesprächskreis,<br />

der Keimzelle des „kommunikativen Handelns“ (Habermas, 1981),<br />

lernen die Kinder, dass man, wenn man selbst gehört und ernst genommen werden<br />

will, sich gegenseitig zuhören, aber auch Argumente vortragen muss, um Fragen<br />

zu klären, die auch die Gruppe beschäftigen. Auf dem Gesprächskreis bauen<br />

die unterschiedlichen Formen und Foren der demokratischen Mitbestimmungen<br />

auf. Klassen- und Kinderräte sind dabei mehr und anderes als lediglich formale<br />

Gremien der Schülermitbeteiligung. Wo sie etabliert sind, haben die Kinder die<br />

Möglichkeit, gleichberechtigt Sachverhalte zu klären, die sie selbst, ihr Zusammenleben<br />

und ihre Zusammenarbeit in Schule und Unterricht betreffen. Das setzt<br />

aber voraus:<br />

1. dass das Recht eines jeden Kindes in der Lerngruppe gesichert ist, als vollwertiges<br />

Subjekt einen Platz zu haben und als Mitglied der Gemeinschaft unabhängig<br />

von den besonderen Merkmalen seiner Person anerkannt zu werden.<br />

Wir sprechen hier in einem umfassenden Sinn von „Inklusion“;

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