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Edition Rechtsextremismus

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230 Dirk Laabs<br />

Tino Brandt soll 1994 vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (TLfV)<br />

geworben worden sein. Er behauptete sogar in einem heimlich aufgenommenen<br />

Gespräch, dass er sehr viel länger und schon als Minderjähriger dem Verfassungsschutz<br />

berichtet hatte – dafür gibt es jedoch keine Belege in den Akten des LfV<br />

Thüringen. 3<br />

Brandt hatte mit Wissen des LfV Thüringen den „Thüringer Heimatschutz“ gegründet.<br />

Durch die Beschäftigung mit dem THS stieß dann auch das Bundesamt<br />

für Verfassungsschutz auf Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, Ralf<br />

Wohlleben und Holger Gerlach – alles mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer<br />

des NSU, die gemeinsam in Jena aufgewachsen waren, inzwischen entweder tot<br />

sind oder im Münchener NSU-Prozess angeklagt wurden.<br />

Ralf Wohlleben und Beate Zschäpe können dabei als formale Gründungsmitglieder<br />

des THS gelten – sie beantragten im Februar 1995 unter dem Namen<br />

„Interessengemeinschaft Thüringer Heimatschutz“ eine Demonstration durch<br />

Jena – „zur Bewahrung Thü ringer Idendität [sic] gegen die Internationalisierung<br />

durch die EG“. Man wollte also gegen die „EG“, die Europäische Gemeinschaft,<br />

demonstrieren, die sich damals allerdings schon EU nannte. Es ist das erste Mal,<br />

dass der Name „Thüringer Heimatschutz“ auftaucht.<br />

Zschäpe und Wohlleben wurden zu einem Gespräch bei der zuständigen Behörde<br />

geladen. Dort berichteten sie, dass man auch darüber nachdenke, eine Partei zu<br />

gründen. Vor allem Beate Zschäpe konnte bei dem Treffen jedoch nicht verheimlichen,<br />

dass die Demonstration fremdenfeindliche Tendenzen haben könnte. Die<br />

Thüringer Behörden, vor allem das Innenministerium, nahmen den Vorgang ernst.<br />

Die Demonstration wurde verboten, das Landeskriminalamt eingeschaltet, Informationen<br />

zusammengetragen. Das Innenministerium erfuhr, das Tino Brandt eng<br />

mit dem Anti-Antifa-Strategen Christian Worch aus Hamburg kooperiert, dass er<br />

etwa von Worch Schriftsätze in Sachen Demonstrationsanmeldung übernommen<br />

hat. Brandt wurde schnell als Kopf hinter der „Interessengemeinschaft Thüringer<br />

Heimatschutz“ erkannt und so auch in einem Vermerk beschrieben. Kurz nachdem<br />

er V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes geworden war, hatte er also<br />

begonnen, die Szene zu organisieren und strukturieren – und beides war den entsprechenden<br />

Führungspersonen im Thüringer Innenministerium bekannt.<br />

Die Reaktion der Thüringer Behörden auf die neue Gruppe um Brandt, Zschäpe,<br />

Wohlleben und andere ist durchaus typisch für die Bekämpfung der rechten<br />

Szene – man nahm die Mitglieder, obwohl sie noch sehr jung waren, ernst, schalte-<br />

3 Das BfV, so ergab die Beweisaufnahme des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages,<br />

hat mindestens in einem Fall auch einen Minderjährigen in Thüringen als<br />

V-Mann rekrutiert.

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